EKD-Auslandsbischof über die evangelischen Auslandsgemeinden

idea-Logo „Glaube geht für die meisten nur in der Muttersprache“

Martin Schindehütte, Vizepräsident in der Zentrale der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Hannover, ist zuständig für Ökumene und Auslandsarbeit. Beim Gespräch in der Cafeteria der EKD-Synode vom 4. bis 7. November in Dresden, räumt er ein, dass er nichts gegen den Titel Auslandsbischof hat. Doch er fügt sofort hinzu: „Denken Sie nur nicht, dass ich ständig im Flugzeug sitze.“ Durchschnittlich besucht er pro Monat eine evangelische Auslandsgemeinde. Immer wieder ist er erstaunt über die Zustimmung, die die Auslandsgemeinden bei den deutschen Botschaftern finden. Und die rund 130 von der EKD entsandten Auslandspfarrer verteilen sich auf alle Kontinente.

Ein Staat fehlt

Doch ein selbstständiger Staat fehlt in der Liste der evangelischen Auslandspfarrer. Martin Schindehütte, der einzige Vizepräsident im Kirchenamt der EKD mit Bischofstitel, stutzt. Er kommt nicht auf den Namen. Macht auch nichts, denn er ist ohnehin eher scherzhaft gemeint. Es geht um den Vatikan. Bischof Schindehütte lacht: „Auf eine solche Idee kann nur ein Journalist kommen.“ Doch sofort fügt er hinzu: „Aber in der Nachbarschaft verfügen wir sehr wohl über einen evangelischen Auslandspfarrer. Nämlich in Rom.“ Das Thema ökumenische Zusammenarbeit der Auslandspfarrer – schließlich entsendet auch die römisch-katholische Kirche in Deutschland viele Pfarrer ins Ausland – ist in diesem Zusammenhang schnell abgehandelt. Denn sie klappt laut Schindehütte bestens. Das sei wie in Deutschland in den Gemeinden vor Ort. Vieles werde gemeinsam getan. Nicht zuletzt, wenn es um Hilfen für Deutsche im Ausland geht. Man verstehe sich in der Regel sehr gut. Kurzum, die Ökumene unter den evangelischen und katholischen Auslandspfarrern und -gemeinden funktioniert.

Kein Mangel an Bewerbern

Probleme, die evangelischen Auslandspfarrstellen zu besetzen, hat man im EKD-Kirchenamt nicht. Auf die Stellenanzeigen bewerben sich viele Pfarrer. Nicht wenige melden sich auch in Hannover, ohne einen konkreten Einsatzort zu nennen. Freilich, für Rom, London oder Washington gibt es mehr Bewerbungen als für Dubai. Dubai? In der Tat, dort arbeitet eine Pfarrerin (!), zunächst befristet für zehn Monate. Sie soll ausloten, ob das Interesse und der Bedarf für eine deutsche Auslandsgemeinde wirklich vorhanden ist. Diese Frist kann auch verlängert werden. Zeigt sich aber, dass es letztlich zu wenige sind, die an einer deutschen Gemeinde im islamischen Dubai interessiert sind, wird das „Experiment“ abgebrochen.

6 Millionen Deutsche leben im Ausland

Dubai ist nur ein Beispiel für viele weitere, die für die zunehmende Mobilität der Deutschen stehen, die entweder beruflich für eine längere Zeit Deutschland verlassen oder sich aber für immer etwa an der türkischen Riviera niederlassen. Rund sechs Millionen Deutsche leben gegenwärtig im Ausland, davon gehören schätzungsweise zwei Millionen der evangelischen Kirche an oder sind für sie ansprechbar. Sosehr viele Deutsche im Ausland auch die Sprache des Gastlandes sprechen, so legen sie doch großen Wert auf einen Gottesdienst in deutscher Sprache. Erst recht gilt das, wenn es im Gespräch um Glaubensfragen, Lebenskrisen oder persönlichen Rat geht: „Glaube geht für die meisten nur in der Muttersprache.“

Eng ist die Zusammenarbeit der in alle Welt entsandten evangelischen Pfarrer mit den vorhandenen deutschen Auslandsschulen. Zum einen, weil sie auch von den Kindern der Pfarrer besucht werden, zum anderen aber, weil sie dort als Religionslehrer willkommen sind. Religionsunterricht ist an den deutschen Auslandsschulen selbstverständlich. Das Geld, das für den Religionsunterricht von der Schule bezahlt wird, fließt in die Kasse der jeweiligen Gemeinde. Und diese ist in der Regel für jeden Betrag dankbar, und sei er noch so bescheiden. Denn Auslandsgemeinden müssen weithin für sich selbst aufkommen. Vor allem durch die Beiträge und Spenden ihrer Mitglieder.

Probleme bei der Rückkehr

Bischof Schindehütte verschweigt nicht, dass es Probleme bei der Rückkehr der Auslandspfarrer (ihre Amtszeit ist meist auf sechs oder maximal neun Jahre beschränkt) in ihre frühere Landeskirche gibt. Entweder sind keine geeigneten Pfarrstellen frei, oder man weiß nicht so recht, wie man die von diesen Pfarrern erworbene „ökumenische Kompetenz“ nutzbar machen kann: „Schließlich können ja nicht alle Ökumene-Pfarrer oder Ökumene-Beauftragter werden.“ Nun will man durch frühzeitige „Begleitbesuche“ kleiner Delegationen aus Deutschland herausfinden, welche Erwartungen der Auslandspfarrer an seine Rückkehr hat und welche Möglichkeiten sich für ihn in Deutschland bieten. Davon verspricht man sich im Kirchenamt der EKD eine Menge. Vor allem will man schwere Enttäuschungen der zurückgekehrten Pfarrer verhindern. Für Martin Schindehütte bilden die evangelischen Auslandspfarrer einen „Schatz“, der oft von den Landeskirchen nicht richtig gewürdigt werde. Umgekehrt aber teilten diese Pfarrer „die Unsicherheit“ aller Funktionspfarrer – ob bei der Polizei, im Gefängnis oder bei der Bundeswehr. Selbstverständlich sei es legitim zu fragen, was nach dem befristeten Dienst im Ausland komme. Doch eine Garantie auf eine besondere Pfarrstelle oder eine sofortige Wiedereingliederung in den hauptamtlichen Dienst gebe es nicht: „Doch mir ist kein Fall bekannt, in der der Wartestand mehr als eine Übergangslösung war.“

Auslandspfarrer jetzt sogar in China

Der Auslandsbischof: „Ich bewundere das Engagement der Auslandsgemeinden.“ Das gilt nicht nur für die von der EKD entsandten Pfarrer vor Ort, sondern vor allem auch für die Laien. Selbstverständlich werden auch Menschen aufgenommen, die nur wenig Deutsch sprechen. Diese haben dann oft auch den Wunsch, Gottesdienst in ihrer Muttersprache zu feiern. Dagegen hat Bischof Schindehütte nichts. Aber dadurch dürfe der Gottesdienst in deutscher Sprache nicht verdrängt werden. Gegenwärtig gibt es zwei von der EKD nach China entsandte Pfarrer, deren „Verortung“ angesichts der besonderen Situation des Landes nicht einfach sei. Mehr will Bischof Schindehütte dazu nicht sagen. Er will die schwierigen Gespräche nicht belasten. Immer wieder muss die Arbeit der von der EKD entsandten Pfarrer auch in den ökumenischen Kontext der Ortskirchen gestellt werden. Es geht also um die Zusammenarbeit mit dem und im Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK), für die Bischof Schindehütte im Kirchenamt der EKD mit seinen Mitarbeitern ebenfalls zuständig ist..

09. November 2007

EKD-Auslandsbischof Martin Schindehütte

Die deutschsprachigen evangelischen Gemeinden im Ausland

Auslandsarbeit der EKD

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