Richtungsbestimmung für den Reformweg der Protestanten

EKD-Synode will eine Besinnung auf Wesen und Auftrag der Kirche

Von Rainer Clos und Jürgen Prause

Dresden (epd). So gemächlich wie die Elbe in Dresden dahin fließt, verläuft derzeit der Reformprozess im deutschen Protestantismus. Den Strom hatten die Mitglieder der EKD-Synode durch die große Glasfront des Sitzungssaals im Internationalen Congress Center ebenso im Blick wie die Zukunft ihrer Kirche, die vor tiefgreifenden Herausforderungen steht. Nicht weit von der wiedererrichteten barocken Frauenkirche, die als neues Wahrzeichen des Protestantismus weit über Sachsen hinaus gilt, beriet das Kirchenparlament vier Tage lang über den kirchlichen Erneuerungsprozess.

Dabei standen nicht so sehr Strukturveränderungen im Vordergrund. Vielmehr ging es um eine theologische Standortbestimmung im Reformprozess, der im vergangenen Jahr vom Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) mit dem Impulspapier "Kirche der Freiheit" mit teils provozierenden Vorschlägen angestoßen worden war. Mit deutlich theologischen Akzenten mischte sich die Synode in der Elbestadt in die Diskussion ein. Die "Besinnung auf Wesen und Auftrag der Kirche" steht im Mittelpunkt der Entschließung, die die Synode am Mittwoch nach intensiver Diskussion nahezu einstimmig verabschiedete.

"Die evangelische Kirche ist eine Kirche der Freiheit, die in einem ständigen Erneuerungsprozess lebt", heißt es in dem Text. Daneben empfahl die Synode auch konkrete Schritte, um das evangelische Profil zu schärfen. Angesichts der Vielstimmigkeit des Protestantismus soll das gemeinsame Reden, Handeln und Leiten verbessert werden. So soll etwa eine "Landkarte der Kompetenz- und Dienstleistungszentren" erstellt werden, auf die alle evangelische Kirchen zugreifen können. Zudem favorisiert das Kirchenparlament eine Ausbalancierung des Kräftedreiecks von Rat, Kirchenkonferenz und Synode. Die Stärkung der EKD soll durch eine Stärkung aller ihrer Organe erfolgen.

Evangelisch sein bedeute keineswegs eine Abgrenzung gegenüber anderen, sondern es gehe um das eigene Verständnis des Christentums und das eigene Verständnis vom kirchlichen Gottesdienst, sagte der EKD-Ratvorsitzende Wolfgang Huber. Nach Einschätzung Hubers hat die Synode die Reformimpulse aufgenommen. Der Reformprozess könne nicht mehr rückgängig gemacht werden, sagte Huber in einem epd-Interview. Es sei ein wichtiger Impuls, dass die Konzentration auf Kernaufgaben und auf das Grundverständnis von evangelischer Kirche durch die Synode gestärkt worden sei.

Manche Delegierten vermissten allerdings deutliche Aufbruchsignale in Dresden. So äußerte die Frankfurter Synodale Gisela Brackert den Eindruck, dass der Reformzug an der Synode vorbeigerauscht sei. Brackert gehört zu den Laien unter den 120 Mitgliedern des Kirchenparlaments, die sich nur einmal im Jahr versammeln und damit im Nachteil gegenüber den häufiger tagenden EKD-Gremien wie Rat und Kirchenkonferenz sind. Andere Synodale kritisierten die eher statische Formulierung des Mottos "evangelisch Kirche sein". Sie hätten sich gewünscht, dass es bei der vor einem Jahr in Würzburg gewählten Formulierung "Kirche im Aufbruch" geblieben wäre.

Eberhard Hauschildt, Professor für praktische Theologie an der Universität Bonn, hatte während der Tagung eine Verlangsamung des kirchlichen Reformprozesses konstatiert. Weniger Tempo sei aber nicht unbedingt von Nachteil, so der Bonner Professor, damit könnten auch Fehler vermieden gehe. Was in der evangelischen Kirche nicht gehe, sei eine Reform von oben her. Der für die Veränderungen nötige Mentalitätswandel lasse sich nicht einfordern, sondern müsse durch Einsicht entstehen.

Hauptakteure im ehrgeizigen Reformprozess sind die Gemeinden, Kirchenbezirke und 23 Landeskirchen. Die EKD nehme dabei eine eher unterstützende Rolle wahr, sagte Bischof Huber. Als nächster Schritt wird eine Steuerungsgruppe installiert, in die der Rat der EKD, die Landeskirchen und die Synode jeweils vier Vertreter entsenden.

08. November 2007

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