Huber sieht Reformkurs in Kirche durch Dresdner Synode bestätigt

EKD-Ratsvorsitzender rät zu Gelassenheit im Dialog mit Muslimen

Dresden (epd). Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, hat zum Abschluss der EKD-Synode in Dresden zur Gelassenheit im Dialog mit Muslimen aufgerufen. Die von Kritikern befürchtete Kontroverse über die EKD-Positionen zum Umgang mit dem Islam sei bei der Sitzung des Kirchenparlaments ausgeblieben, sagte Huber am Mittwoch in einem epd-Interview.

Für die evangelische Kirche bestehe Klärungsbedarf bei Fragen wie dem gemeinsamen christlich-muslimischen Beten oder im Verhältnis von Dialog und Mission, erklärte der Berliner Bischof. "Wenn wir bei diesen beiden Punkten unter uns Klarheit erzielt haben, sind wir gut beraten, dies durchzuhalten - auch wenn das bei muslimischen Gesprächspartnern auf Widerspruch stößt."

Huber sieht beim christlich-islamischen Gespräch vor allem in der Frage der Religionsfreiheit weiteren Konfliktstoff. Der Islam könne sich praktisch und theologisch Freiheit nur in einer Form vorstellen, "nämlich im Kern nur als die Freiheit zum Islam", sagte der EKD-Ratsvorsitzende. Der Religionswechsel bleibe ein neuralgischer Punkt für die Diskussion.

Der höchste Vertreter der rund 25 Millionen Protestanten in Deutschland sieht seinen Reformkurs für die evangelische Kirche durch die EKD-Synode bestätigt. Die Konzentration auf Kernaufgaben und Grundverständnis von evangelischer Kirche sei durch das Kirchenparlament gestärkt worden, sagte Huber.

Der vom Rat der EKD unter dem Titel "Kirche der Freiheit" eingeleitete Reformprozess könne nicht mehr rückgängig gemacht werden, sagte der Bischof. Die künftige Rolle der EKD-Organe Rat, Kirchenkonferenz, Synode und Kirchenamt solle von einer Steuerungsgruppe koordiniert werden.

Nach Hubers Auffassung stellt sich die Frage von Zentralismus und Föderalismus in der Kirche anders als im staatlichen Bereich. "Es wird versucht, die unterschiedlichen Reforminitiativen, die es in den Landeskirchen gibt, auf der EKD-Ebene zu bündeln", sagte der Berliner Bischof. Dies geschehe mit dem Ziel, den Initiativen "ein gemeinsames Gesicht und eine gemeinsame Stoßrichtung zu geben".

07. November 2007


epd-Interview im Wortlaut

Huber: EKD-Reformprozess kann nicht mehr rückgängig gemacht werden

Berliner Bischof rät zu Gelassenheit im Dialog mit Muslimen

Dresden (epd). Die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hat nach Einschätzung des EKD-Ratsvorsitzenden Wolfgang Huber die Reformimpulse für den deutschen Protestantismus aufgenommen. Der im Vorjahr eingeleitete Prozess könne nicht mehr rückgängig gemacht werden, sagte Huber in einem epd-Interview am Mittwoch in Dresden. Zugleich rief der Berliner Bischof zu Gelassenheit im Dialog mit den Muslimen auf. Mit Huber sprachen die epd-Redakteure Rainer Clos, Jürgen Prause und Thomas Schiller.

epd: Welche Aufbruchsignale für den kirchlichen Reformprozess gehen von der Synode aus?

Huber: Einen wichtigen Impuls sehe ich darin, dass die Konzentration auf Kernaufgaben und auf das Grundverständnis von evangelischer Kirche auch durch diese Synode gestärkt wird; das ist ein wichtiges Element des EKD-Impulspapiers "Kirche der Freiheit". Und ich bin froh darüber, dass nicht nur über strukturelle oder organisatorische Fragen etwa über die Zahl der Landeskirchen diskutiert wird.

epd: Ist die Idee der "Kirche der Freiheit" in der Synode angekommen?

Huber: Die Synode hat teils explizit, teils implizit bekräftigt, was wir in Gang gebracht haben. In vielen Äußerungen wurde auf das Impulspapier Bezug genommen. Es hat sich bestätigt, dass mit dem EKD-Zukunftskongress im Januar in Wittenberg eine Bewegung angestoßen worden ist, die nicht mehr rückgängig gemacht werden kann.

epd: Was ist die Rolle der Synode in diesem Prozess?

Huber: Die Synode der EKD muss in diesem Prozess ihren Ort finden angesichts der Tatsache, dass sich im vergangenen Dreivierteljahr die Landeskirchen zu Subjekten des Prozesses gemacht haben. Das ist für die EKD-Synode keine einfache Situation. Ich verstehe auf diesem Hintergrund Verhaltenheiten und Verlangsamungen der Diskussion in Dresden.

epd: Verschiebt sich das Gewicht zwischen den EKD-Organen?

Huber: Ich bin der Überzeugung, dass die Stärkung eines Organs der EKD nicht zur Schwächung der anderen führen muss. Als Evangelische Kirche in Deutschland können wir sehr gut leben mit vier starken Institutionen: dem Rat, der Kirchenkonferenz, der Synode und dem Kirchenamt. Wir haben so große Aufgaben, dass jedes dieser Organe genug zu tun hat. Im Blick auf den Reformprozess soll eine gemeinsame Steuerungsgruppe die Rollen dieser Organe koordinieren.

epd: Ist die Aufgabenteilung von EKD und Landeskirchen strittig?

Huber: Die Frage von Zentralismus und Föderalismus stellt sich in der Kirche nicht in einer mit dem staatlichen Bereich vergleichbaren Weise. Es wird versucht, die unterschiedlichen Reforminitiativen, die es in den Landeskirchen gibt, auf der EKD-Ebene zu bündeln und ihnen ein gemeinsames Gesicht und eine gemeinsame Stoßrichtung zu geben.

epd: Wie verändert das wachsende Selbstbewusstsein der Muslime in Deutschland das gesellschaftliche Zusammenleben? Sehen Sie Kirchen und muslimische Verbände auf Konfrontationskurs?

Huber: In meinem Bericht vor der Synode ist kein Konfrontationskurs zu erkennen. Wer eine solche Interpretation versuchen würde, müsste schon eine sehr eigenwillige Linie verfolgen. Auch im EKD-Papier "Klarheit und gute Nachbarschaft" zum Umgang mit Muslimen ist kein Konfrontationskurs zu erkennen. Die große Kontroverse über dieses Papier in der EKD-Synode, die uns manche vorausgesagt haben, hat so nicht stattgefunden. Die EKD hat sich bei diesem Thema nicht auseinandertreiben lassen. Ich kann jedem Beteiligten nur raten, sich in Gelassenheit zu zu üben.

epd: Welche Aufgaben kommen auf die evangelische Kirche zu?

Huber: Wir haben theologischen Klärungsbedarf bei Fragen wie dem gemeinsamen christlich-muslimischen Beten oder im Verhältnis zwischen Dialog und Mission. Wenn wir bei diesen beiden Punkten unter uns Klarheit erzielt haben, sind wir gut beraten, dies durchzuhalten - auch wenn das bei muslimischen Gesprächspartnern auf Widerspruch stößt.

epd: Wo sehen Sie Konfliktstoff?

Huber: Der Islam kann sich praktisch und theologisch Religionsfreiheit nur in einer eingeschränkten Form vorstellen, nämlich im Kern nur als die Freiheit zum Islam. Der Religionswechsel bleibt ein neuralgischer Punkt für die Diskussion.

07. November 2007

Weitere epd-Meldungen