EKD-Präses: Gemeinden und Landeskirchen bei Reformen gefragt

Frankfurt a. M. (epd). Bei den anstehenden Reformen in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) sieht Synodenpräses Barbara Rinke (SPD) in erster Linie Kirchengemeinden und Landeskirchen gefragt. Die Verantwortung für die nächsten Reformschritte liege bei den Gemeinden, Kirchenbezirken und Landeskirchen, sagte Rinke in einem epd-Interview. Demokratische Mitbestimmung habe in der evangelischen Kirche einen hohen Stellenwert.

Die EKD-Synode, die von Rinke geleitet wird, befasst sich bei ihrer Tagung vom 4. bis 7. November in Dresden mit dem kirchlichen Reformprozess. Dieser war im vergangenen Jahr vom EKD-Rat mit dem Impulspapier "Kirche der Freiheit" gestartet worden.

Bei der Sammlung der Reformvorhaben auf der Ebene der 23 Landeskirchen nehme die EKD eine Bündelungsfunktion wahr. Die Frage, welche Gemeindeformen in den Regionen die richtigen seien, müsse auf landeskirchlicher Ebene diskutiert werden, sagte Rinke, die Oberbürgermeisterin der Stadt Nordhausen im Harz ist.

Für die Stärkung des evangelischen Profils müssen sich nach Darstellung von Präses Rinke die Gemeinden sowie die einzelnen evangelischen Christen engagieren. Evangelisches Profil könne nicht per Synodenbeschluss verordnet werden. Das konfessionelle Profil bestehe im Hören auf das Evangelium und in der Feier der Sakramente. Dies sei die Basis, von der die Kirche ihre öffentliche und gesellschaftliche Verantwortung, ihren Missions- und Bildungsauftrag wahrnehme. In ihrem diakonischen Selbstverständnis wolle die Kirche "nahe bei den Menschen sein".

01. November 2007

Präses Barbara Rinke


Das Interview im Wortlaut

Präses Rinke: Evangelisches Profil nicht per Synodenbeschluss

Frankfurt a.M. (epd). Evangelisches Profil kann nach Ansicht von Synoden-Präses Barbara Rinke (SPD) nicht durch Beschluss des Kirchenparlaments verordnet werden. Das Profil der evangelischen Kirche bestehe zuerst im Hören auf das Evangelium und in der Feier der Sakramente, sagte Rinke in einem epd-Interview. In ihrem diakonischen Selbstverständnis wolle die Kirche "nahe bei den Menschen sein". Die Fragen an Rinke, die die EKD-Synode leitet, stellte Rainer Clos.

epd: Frau Rinke, die EKD-Synode wird sich schwerpunktmäßig mit dem Reformprozess in der evangelischen Kirche beschäftigen. An welchen Punkten erwarten Sie Akzentsetzungen des Kirchenparlamentes?

Barbara Rinke: Ich will den Ergebnissen der Beratungen nicht vorgreifen. Sicher ist, die Synodalen werden sich mit dem Kundgebungsentwurf "evangelisch Kirche sein" intensiv auseinandersetzen. Dabei geht es um Wesen und Auftrag der Kirche, um die Erinnerung an die Anfänge der Reformation und die Auseinandersetzung mit der Gegenwart. Ich bin mir sicher, am Ende der Tagung werden wir eine Kundgebung verabschieden, in der wir der Öffentlichkeit sagen, was sie heute von einer evangelischen Kirche erwarten kann.

epd: Ein Grundtenor der Reformüberlegungen heißt: Stärkung des evangelischen Profils. Was ist dazu nötig?

Rinke: Das Profil der evangelischen Kirche bestimmt sich zuerst einmal wie es im Augsburger Bekenntnis beschrieben ist: Im Hören auf das Evangelium und in der Feier der Sakramente. Auf dieser Grundlage nimmt die Kirche am öffentlichen Leben teil, kommt ihrem Missionsauftrag nach, nimmt ihren Bildungsauftrag wahr. In ihrem diakonischen Selbstverständnis will sie nahe bei den Menschen sein und so nimmt sie auch ihre öffentliche und gesellschaftliche Verantwortung wahr.

Allerdings kann evangelisches Profil nicht per Synodenbeschluss verordnet werden und schon gar nicht als Corporate Identity. Vielmehr ist es ein immer fortwährender Prozess, bei dem sich die Gemeinden als Ganzes und jeder einzelne im Vertrauen auf Gottes Gegenwart aus dem Glauben heraus engagiert. Solche Menschen gibt es in den evangelischen Kirchen. Die Synode ist dafür selbst ein Beleg.

epd: Verbesserung der Qualität im Kernbereich kirchlichen Handelns und Förderung neuer Gemeindeformen neben der klassischen Kirchengemeinde sind zwei zentrale Reformüberlegungen. Wo erwarten sie in den nächsten Jahren konkrete Reformschritte?

Rinke: Gemäß ihrem Auftrag soll die EKD-Synode auch die Gemeinschaft unter den Gliedkirchen fördern. Dazu wird mit dem sogenannten Verbindungsmodell zwischen EKD, UEK und VELKD ab 2009 ein wichtiger Schritt gegangen sein. Darüber hinaus erhoffe ich mir weitere Vorschläge in Dresden.

Allerdings werden viele der nötigen Reformschritte in der Verantwortung der Kirchengemeinden, Kirchenbezirke und der Landeskirchen liegen, denn die demokratische Mitbestimmung hat in der evangelischen Kirche einen zentralen Stellenwert. Das Kirchenamt der EKD hat die angestrebten Reformvorhaben der Landeskirchen gesammelt und nimmt hier Bündelungsfunktion war. Auch die Frage, welche Gemeindeformen in welcher Region die richtigen sind, ist eine Frage, die die Landessynoden und die Gremien in den Landeskirchen diskutieren müssen - das Impulspapier hat hier nur den Anstoß gegeben.

epd: Nach einer Phase der Abwendung von Religion und Glaubensfragen lässt sich ein neues Interesse an religiöser Bindung und spirituellen Erfahrungen beobachten. Ist dieser Trend unter dem Stichwort Rückkehr der Religion förderlich für das Reformprojekt?

Rinke: Ich denke, eigentlich ist das Stichwort hier am falschen Platz. Religion und das Angebot der Kirchen hat es immer gegeben. Die Aufmerksamkeit für religiöse Fragen ist neu aufgekommen. Das lässt sich allenthalben feststellen: in den Medien, in der Politik, in den Gesprächen vor Ort. Wir sind als Kirche froh, dass es dieses Interesse wieder gibt, und dass es sich neu belebt. Wir müssen bei den Fragen, die an die Kirche und an die christliche Religion gestellt werden, die richtigen Antworten geben. Es geht doch letzten Endes darum, wie können wir mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln und Kräften auch in Zukunft Menschen für die christliche Botschaft gewinnen. Das fordert uns heraus - und das prägt auch den Reformprozess der evangelischen Kirche.

01. November 2007

Weitere epd-Meldungen