Kulturrat: Kirchen geben für Kultur mehr aus als Länder

Berlin (epd). Der Deutsche Kulturrat hat eine stärkere Berücksichtigung der Kirchen bei kulturpolitischen Entscheidungen gefordert. Grund sei die zunehmende Rolle von Dorf- und Stadtkirchen als "Identifikationsorte" und deren finanzielles Engagement in der Kunst- und Kulturförderung, sagte der Geschäftsführer der Dachorganisation der Kulturverbände, Olaf Zimmermann, am Dienstag vor Journalisten in Berlin.

Die beiden großen Kirchen steckten mit insgesamt 4,4 Milliarden Euro jährlich mehr Geld in die Kulturförderung als etwa Länder (3,4 Milliarden Euro) oder Kommunen (3,5 Milliarden Euro). Dabei verwies Zimmermann auf ein entsprechendes Gutachten für die Bundestags-Enquete-Kommission "Kultur in Deutschland", deren Abschlussbericht am 13. Dezember vorgestellt werden soll. Die Kirchen setzten "vermutlich etwa 20 Prozent ihrer Kirchensteuern und sonstiger Einnahmen für ihre kulturellen Aktivitäten ein".

Laut Zimmermann verrechnet das bislang noch nicht veröffentlichte Gutachten in die Kulturförderung der Kirchen so unterschiedliche Leistungen wie den Unterhalt denkmalgeschützter Gebäude, die Finanzierung von Kindertagesstätten und von Kirchenchören. Mit seiner am Dienstag vorgestellten Publikation "Die Kirchen, die unbekannte kulturpolitische Macht" mit 35 Beiträgen wolle der Kulturrat die Diskussion anregen und "die Kirchen in die Verantwortung miteinbeziehen".

Der Direktor der kirchlichen Kultur-Stiftung St. Matthäus Berlin, Christhard-Georg Neubert, erklärte, das kulturelle Engagement der Kirchen sei von den theologischen Aufgaben nicht zu trennen. Offene Kirchen schafften Kontaktmöglichkeiten und "Erlebnisräume". Zugleich warnte Neubert vor Kürzungen in diesem Bereich. Er beobachte seit zehn Jahren einen Rückgang im kulturellen Mäzenatentum innerhalb der Kirchengemeinden. Der zunehmende finanzielle Druck wirke sich negativ auf das bürgerschaftliche Engagement der Gemeinden aus.

Der kulturpolitische Sprecher des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken, Thomas Sternberg, sagte, die Kirchen müssten sich auch selbst bewusst werden, dass es in den Gemeinden ein florierendes kulturelles Leben gebe. Als Beispiele für das kulturelle Engagement der Kirchen verwies Zimmermann auf insgesamt knapp 40.000 evangelische und katholische Kirchenchöre, zusammen knapp 5.000 Büchereien, auf Schulen, Akademien, die kirchliche Denkmalpflege, Museen und andere Einrichtungen.

30. Oktober 2007

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