Neapel: Konstruktive Rolle der Religionen gesucht

Friedenstreffen bietet Gelegenheit für Annäherung und Abgrenzung

Neapel (epd). Der uniformierte Mann am Bildschirm hinter dem Metalldetektor in einem von Neapels Luxushotels mustert Bilder vom Gepäck von vorgestern, während Vertreter der Weltreligionen unbehelligt passieren. Entspannt und unkompliziert verlief das dreitägige Friedens- und Gebetstreffen, zu dem sich hochrangige Kirchen- und Religionsführer aus aller Welt in der Millionenstadt versammelt haben.

„Heute reden Religionsvertreter miteinander, die sich vor zwanzig Jahren nie an einen Tisch gesetzt hätten“, freut sich ein Sprecher der katholischen Gemeinschaft Sant'Egidio. Seit dem Friedensgebet, zu dem Papst Johannes Paul II. 1986 die Weltreligionen nach Assisi geladen hatte, veranstaltet die Laienorganisation jährlich diese Begegnungen.

Dass es dabei auch heute noch zu Spannungen kommt, weisen die Organisatoren als Gerüchte zurück. Beim Mittagessen des Papstes mit den in Neapel versammelten Religionsvertretern habe es lediglich einen friedlichen Meinungsaustausch gegeben. Italienische Medien berichteten stattdessen von einem Wortgefecht zwischen Israels Oberrabbiner Jona Metzger und dem Gründer der Universität der Vereinigten Arabischen Emirate, Ezzedin Ibrahim.

Auch der Berliner evangelische Bischof Wolfgang Huber, sparte in Neapel nicht mit klaren Worten. Der Vorsitzende des Rats der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) bezeichnete das jüngste Vatikanpapier, das Protestanten den Kirchenstatus abspricht, schlicht als "schädlich".

Aber bei dem Treffen, dass am Dienstag Abend mit getrennten Friedensgebeten der einzelnen Religionen und einer gemeinsamen Veranstaltung zu Ende gehen sollte, fehlte es auch nicht an Bekundungen guten Willens. Der Präsident des Päpstlichen Rats für den interreligiösen Dialog, Kardinal Jean-Louis Tauran, wies zwar die Forderung des israelischen Oberrabbiners nach Gründung einer Art "Vereinte Nationen der Religionen" zurück. Im Gegenzug freute er sich der Kurienkardinal, dass es genügend Gelegenheiten für den Austausch zwischen den Religionen auch über politische Themen gebe.

Erzbischof Agostino Marchetto, Sekretär des Päpstlichen Rates für Migrantenseelsorge, forderte gegen die "Angst vor einer Invasion des Islam" verstärkte Integration von Einwanderern aus muslimischen Ländern. "Einwanderer sind Teil der Lösung und nicht des Problems", mahnte Marchetto in Neapel. Neben Einwanderung und interreligiösem Dialog stand die Suche nach konkreten Friedenslösungen für Afrika und den Nahen Osten im Mittelpunkt bei dem dreitätigen Treffens.

Mit von der Partie bei den zahlreichen Podiumsdiskussionen waren deshalb auch Politiker wie etwa Italiens Außenminister. Massimo D’Alema forderte im Gespräch mit dem israelischen Innenminister und palästinensischen Politikern eine Abkehr von sogenannten Road Maps für den Friedensprozess. Rund einen Monat vor der für Ende November geplanten Nahost-Konferenz warb er stattdessen für die Ausarbeitung eines konkreten Friedensplans.

23. Oktober 2007

Weitere epd-Meldungen