Wiedereröffnung der Weimarer Anna-Amalia-Bibliothek

Weimar (epd). Drei Jahre nach der Katastrophe präsentiert sich die historische Weimarer Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek in neuem Glanz. Äußerlich erinnert am Stammhaus nichts mehr an den 2. September 2004, als das Weltkulturerbe der UNESCO in kürzester Zeit in Flammen aufging. Doch zur feierlichen Wiedereröffnung am 24. Oktober durch Bundespräsident Horst Köhler fehlen im sorgsam restaurierten Rokokosaal Tausende verbrannte Bücher und Musikalien sowie 37 Kunstwerke aus der einstigen Ausstattung des berühmten Bücherovals.

Die unverzüglich begonnenen Arbeiten zur Wiederherstellung von Dachstuhl, Obergeschoss und Rokokosaal ließen in den vergangenen Monaten für knapp 13 Millionen Euro ein modernes Zentrum für das alte Buch entstehen. Seit Monatsbeginn bringen Mitarbeiter der Bibliothek Schritt für Schritt Bücher aus dem 16. bis 19. Jahrhundert in die restaurierten Holzregale zurück. Das Regal an der Stirnseite ist für die rund 600 Exemplare der Bibelsammlung reserviert. Im wieder aufgebauten Dachgeschoss fand ein neuer Sonderlesesaal für historische Buchbestände seinen Platz.

Die Bibliothek sei "eine andere geworden", resümiert Direktor Michael Knoche. Aber gleichzeitig sei das Bewusstsein für den Wert der kulturellen Überlieferung gewachsen. Parallel zur Sanierung erlebte die Klassik-Stiftung eine beispiellose Welle der Hilfsbereitschaft. Sie begann unmittelbar in der Brandnacht, als Hunderte Weimarer beim Bergen der Bücher aus dem brennenden Gebäude halfen. Sie setzte sich fort in Geldspenden von 20.000 Einzelpersonen, Unternehmen und Institutionen. Allein für Buchrestaurierung und Wiederbeschaffung erhielt die Stiftung private Spenden und öffentliche Mittel von über 17 Millionen Euro.

Die Katastrophe, ausgelöst durch eine defekte Elektroleitung, hatte die Stiftung mitten in ihren Vorarbeiten für die längst geplante Bibliothekssanierung getroffen. Ab Oktober 2004 sollte das Stammhaus leergeräumt werden, damit in das Gebäude aus dem 16. Jahrhundert Handwerker und Restauratoren einziehen können. Doch die Brandkatastrophe reduzierte nicht nur die Buchbestände auf etwa 900.000 Titel. Sie stellte auch an das Sanierungsvorhaben völlig neue Herausforderungen - von der Gebäudetrocknung bis zur Erneuerung des verbrannten Dachstuhls.

Der "Alptraum einer brennenden Bibliothek", der ihn in Weimar "immer mal wieder" verfolgt habe, sei plötzlich wahr geworden, erinnerte sich Knoche später. Gründe für diese Befürchtung gab es genug. Zwar gehörten seit der Bestandsaufnahme nach dem Ende der DDR die Totalsanierung und Erweiterung der Bibliothek mit zu den vordringlichsten Aufgaben der Stiftung. Doch bis die Finanzierung gesichert war, vergingen Jahre.

Auf die entscheidenden Vereinbarungen für die Erweiterungsbauten, das unterirdische Büchermagazin und die Sanierung des Stammhauses einigten sich die Zuwendungsgeber Bund, Land und Stadt schließlich im Herbst 1999. Auf deren Grundlage entstanden in den gegenüberliegenden Gebäuden die 2005 eröffneten neuen Funktionsbereiche der Bibliothek. Sie ziehen seither nicht nur Fachpublikum, Wissenschaftler und Studenten zu Tausenden an.

Vom Studienzentrum aus führt durch das zweigeschossige Tiefmagazin ein Verbindungsgang in das historischen Hauptgebäude. Nach dessen offizieller Wiedereinweihung steht er ab 1. Dezember auch Nutzern und Besuchern der Anna-Amalia-Bibliothek offen: Zum ersten Mal seit der Oberaufsicht Johann Wolfgang Goethes über die 1691 gegründete Büchersammlung sind die Bestände wieder an einem Ort vereint.

16. Oktober 2007

Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek Weimar

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