Lehmann wirbt bei EKD erneut um Fortgang des ökumenischen Dialogs

Evangelische Kirche diskutiert über gestufte Mitgliedschaft

Berlin (epd). Nach der ökumenischen Kontroverse um das Kirchenverständnis hat Kardinal Karl Lehmann einen weiteren Vermittlungsschritt in Richtung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) unternommen. Durch das Zweite Vatikanische Konzil (1962-65) bestehe die Möglichkeit, "den nichtkatholischen Christen eine echte Zugehörigkeit zur Kirche Jesu Christi zuzusprechen", ließ der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz am Samstag bei einer Tagung der Evangelischen Akademie zu Berlin zum Thema Kirchenmitgliedschaft erklären.

Bereits am vergangenen Montag hatte Lehmann vor der Herbstvollversammlung der Bischofskonferenz in Fulda für eine Fortsetzung des ökumenischen Dialogs geworben. Dies war von der EKD begrüßt worden. Die evangelische Kirche hatte scharf das Dokument der päpstlichen Glaubenskongregation vom 10. Juli kritisiert, in der die protestantischen Kirchen zum wiederholten Mal nur als kirchliche Gemeinschaften bezeichnet wurden und ihnen der Status als Kirche im eigentlichen Sinn abgesprochen worden war.

Bei der Berliner Akademietagung unter dem Titel "Zwischen Taufschein und Reich Gottes" ließ der Kardinal seinen Text vom Sekretär der Bischofskonferenz, Hans Langendörfer, vortragen. Lehmann selbst war auf Auslandsreise. Langendörfer erläuterte, dass in die Gemeinschaft mit Christus, die so genannte Communio, aufgenommen sei, wer die Taufe empfangen habe. Zwar habe der Vatikan nur den orthodoxen Kirchen bisher volle kirchliche Gemeinschaft zugestanden. "Durch die Praxis sehen Sie aber, dass der Begriff flüssiger geworden ist", sagte Langendörfer.

Der Tübinger Theologieprofessor Eberhard Jüngel (72) warnte während der Berliner Tagung die Kirche vor selbstzerstörerischen Tendenzen. Äußere Bedrohungen seien "noch immer relativ harmlos", sagte Jüngel. "Die eigentlichen Gefahren kommen aus ihr selbst" durch Selbstmissverständnis und Selbstentstellung.

Es sei eine Gefahr, wenn sich die Kirche nicht mit den Schwächen ihrer Glieder identifiziere. Nicht die Kirche selbst sei das Reich Gottes. Sie bezeuge lediglich sein Kommen. "Der Herr kommt, die Kirche aber wird ein Ende haben - Gott sei Dank", sagte Jüngel. Der EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber verwies darauf, dass nach dem Verständnis der Barmer Theologischen Erklärung von 1934 auch die Kirche zur "nicht erlösten Welt" gehöre.

In der Diskussion um eine abgestufte Mitgliedschaft innerhalb der evangelischen Kirche sprach sich der Berliner Theologe und Präsident der Humboldt-Universität, Christoph Markschies, dafür aus, den Zusammenhang von Taufe und Mitgliedschaft nicht zu entkoppeln. Eine Mitgliedschaft auch ohne Taufe könne es nur für eine befristete Übergangsphase auf dem Weg zur Taufe geben. Er verwies auf entsprechende Beispiele aus der Kirchengeschichte etwa im antiken Rom.

Die Akademietagung, die am Sonntag zu Ende ging, war anlässlich des 65. Geburtstag des EKD-Ratsvorsitzenden Wolfgang Huber von seinen wissenschaftlichen Schülern initiiert worden. An der Tagung nahmen neben Theologen auch Gäste aus Kirche und Gesellschaft teil. Bundesaußenminister Frank Walter Steinmeier (SPD) würdigte in einer Festansprache, dass Hubers Wirken als Berliner Bischof und EKD-Ratsvorsitzender dafür sorge, dass die Kirchen sich nicht in den Bereich privater Frömmigkeit abdrängen lassen. Huber sei "zum Gesicht und zur Stimme des deutschen Protestantismus geworden".

01. Oktober 2007

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