Evangelischer Theologe sieht Stiftungsboom bei den Kirchen

Hannover (epd). In der evangelischen Kirche sind Stiftungen als zusätzliche Einnahmequelle nach Angaben des Theologen Arend de Vries zu einer festen Größe geworden. Allein in der hannoverschen Landeskirche seien in den vergangenen Jahren mehr als 200 neue Stiftungen entstanden, sagte er am Donnerstag bei der ökumenischen Fundraising-Fachtagung "kollekta" in Hannover. An dem Kongress nahmen mehr als 180 Fachleute aus ganz Deutschland teil.

"Im Spendensammeln war die Kirche schon immer gut", sagte de Vries, der Geistlicher Vizepräsident im Landeskirchenamt der größten deutschen evangelischen Landeskirche in Hannover ist. "Aber wenn ein Projekt vorbei ist, sind die Spenden verbraucht." Stiftungen dagegen könnten langfristig helfen, weil nur die jährlichen Erträge aus einem gestifteten Kapitalstock zur Finanzierung der kirchlichen Arbeit verwendet würden. Die meisten Stiftungen seien ortsnah angelegt: "Die Menschen sind bereit, dort ihr Geld zu investieren, wo sie sehen: Hier geschieht sichtbar etwas für das, was ich einbringe." Die hannoversche Landeskirche wolle Gemeinden, die viel Geld für Stiftungen sammeln, mit Zuschüssen belohnen.

Der persönliche Referent des Generalvikars im katholischen Bistum Hildesheim, Matthias Woiwode, warnte vor überzogenen Erwartungen an das Fundraising: "Ich glaube nicht, dass Spenden die deutlich gesunkenen Kirchensteuern ausgleichen können", sagte er. Dass Spenden in Zukunft ein Fünftel des kirchlichen Haushaltes ausmachten, wie es in einem Reformpapier der evangelischen Kirche heiße, könne er sich nicht vorstellen.

Die Zahl der Stiftungen wächst nach Angaben des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen so schnell wie nie zuvor. In den vergangenen zwölf Jahren habe sich die Anzahl der rechtsfähigen Stiftungen bürgerlichen Rechts verdoppelt. Im Mai 2007 lag sie bei 14.400, 899 wurden im Jahr 2006 gegründet. Die Zahl kirchlicher Stiftungen liegt nach Schätzungen um ein Vielfaches über der "weltlicher" Stiftungen. Sie unterliegen allein kirchlicher Aufsicht und werden nicht offiziell erfasst.

Bei der Tagung tauschten sich die Teilnehmer aus Kirche, Caritas und Diakonie über die Bedeutung des Spendensammelns und die geeigneten Methoden dafür aus. Themen waren unter anderem Telefon-Fundraising, freiwilliges Kirchgeld und die ethischen Grenzen des Spendensammelns.

27. September 2007

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