Bischöfin Käßmann warnt vor Niedriglöhnen

Hannover (epd). Die hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann hat vor Niedriglöhnen gewarnt. "In unserem Land muss Lohn bedeuten, dass ich mir Nahrung und Obdach leisten und an der Gesellschaft teilhaben kann", sagte sie am Sonntagabend in der ersten Ausgabe der ARD-Fernseh-Talkshow "Anne Will". "Arbeit hat etwas mit Würde zu tun", betonte die evangelische Bischöfin in der Sendung zum Thema "Rendite statt Respekt - Wenn Arbeit ihren Wert verliert". Anne Will ist Nachfolgerin von Sabine Christiansen bei der Sonntagabend-Talkshow im Ersten.

Der Unterschied zwischen Armen und Reichen werde immer größer, kritisierte Käßmann. Dass einige Menschen mit 400-Euro-Jobs auskommen müssten, während andere sich satte Lohnerhöhungen von bis zu 16 Prozent genehmigten, stärke das Unrechtsempfinden im Land. "Ich habe Sorge um den sozialen Frieden", sagte die Bischöfin. Zugleich rief sie die Menschen auf, ihren Selbstwert nicht nur über die Arbeit zu definieren: "Lebenssinn ist viel mehr als Leistung."

Der SPD-Vorsitzende und rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck plädierte für einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn, der von einer neutralen Kommission festgelegt wird. "Wer voll arbeitet, muss davon leben können", sagte er. Dafür werde seine Partei weiter kämpfen. Es sei "sittenwidrig", wenn Unternehmen einen Stundenlohn von vier Euro noch einmal um ein Drittel drückten. Deshalb müsse eine unterste Stufe per Gesetz festgelegt werden.

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) dagegen lehnte gesetzliche Mindestlöhne ab: "Politiker sollten keine Löhne festlegen." Nach Becks Modell habe der Bundesarbeitsminister das letzte Wort, wer in die neutrale Kommission komme, kritisierte er. Die Höhe des Mindestlohnes könne von Wahlterminen abhängig werden. Rüttgers plädierte zugleich für eine "neue Kultur der Sicherheit" im Erwerbsleben. Wer hart arbeite, müsse die Gewissheit haben, dass er in seiner Firma nicht nur eine Manövriermasse sei.

Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Telekom AG, René Obermann, verteidigte den Kurs seines Unternehmens, dass 50.000 Mitarbeiter künftig vier Stunden länger arbeiten müssten und gleichzeitig 6,5 Prozent weniger Lohn erhielten. Das mache die Telekom wettbewerbsfähiger und ermögliche Investitionen. Der Konzern habe einen schwierigen Weg vom Staatsunternehmen zum freien Markt hinter sich. Mindestlöhne hätten für die Telekom keine Bedeutung, weil die Löhne in dem Unternehmen ohnehin deutlich höher lägen, sagte Obermann.


17. September 2007

 

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