Sibiu: Debatten um den Stand in der Ökumene

Sibiu (epd). Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, hat die Christen Europas zur Aufhebung der Trennung beim Abendmahl aufgerufen. "Wir sollten in dem Bemühen um eine Lösung dieser Frage nicht nachlassen", erklärte Huber am Mittwoch auf der Dritten Europäischen Ökumenischen Versammlung im rumänischen Sibiu (Hermannstadt) vor rund 2.000 Delegierten. Dabei gehe es auch um die Glaubwürdigkeit der Kirchen.

Gemeinsam mit Kurienkardinal Walter Kasper wandte sich Huber zugleich gegen den Begriff „ökumenische Eiszeit". Ökumene sei kein Naturgesetz, sondern eine den Christen gestellte Aufgabe, sagte Huber. Es gehe zurzeit sehr viel in der Ökumene, ergänzte Kardinal Kasper. Als Beispiel nannte der Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen die wechselseitige Anerkennung der Taufe, die im April dieses Jahres von elf Kirchen in Deutschland geschlossen wurde.

Trotz dieser Annäherungen komme man in vielen Bereichen der Ökumene dennoch nicht weiter, räumte der Kardinal ein. Zur Frage des gemeinsamen Abendmahls sagte Kasper, weil „wir uns nicht einig sind über das Verständnis der Kirche und in großen Teilen auch nicht über das Verständnis der Eucharistie, können wir uns nicht gemeinsam an dem einen Tisch des Herrn versammeln".

Das zwischen Protestanten und Katholiken umstrittene Vatikan-Dokument zum Kirchenverständnis spielte am Mittwoch eine zentrale Rolle auf der Ökumene-Konferenz. Huber erklärte, er empfinde den Text „nach wie vor als ökumenisch belastend". Im Juli hatte die Glaubenskongregation den Protestanten erneut den Status einer vollwertigen Kirche abgesprochen. Huber kritisierte dazu, keine der Kirchen könne das ganze christliche Spektrum allein darstellen. Er forderte einen Dialog auf gleicher Augenhöhe.

Kardinal Kasper verteidigte das Vatikan-Papier. „Es war nicht unsere Absicht irgendjemand zu verletzen oder herabzusetzen", sagte Kasper vor den Delegierten. Die katholische Kirche habe mit dem Text vielmehr die Unterschiede zwischen den Kirchen, „die leider bestehen", herausgestellt. Eine „Kuschel- und eine Schummelökumene, die bloß nett miteinander" sein wolle, helfe nicht weiter.

Skeptisch über den Zustand der Ökumene äußerte sich der „Außenminister" der Russischen Orthodoxen Kirche, Metropolit Kyrill. Er sprach von einer Krise. Beispiel dafür sei eine fehlende moralische Einheit zwischen den Kirchen, sagte Kyrill mit Blick auf die aus seiner Sicht zu liberale Sexualethik westlicher Kirchen. Die Kirche sei als moralische Autorität gegenüber den säkularen Tendenzen der modernen Gesellschaft gefordert, so der Metropolit von Smolensk und Kaliningrad. Gläubige könnten nicht gleichzeitig den Wert des Menschenlebens anerkennen „und das Recht auf den Tod, den Wert der Familie und die Zulässigkeit homosexueller Beziehungen, die Verteidigung der Rechte des Kindes und die absichtliche Vernichtung menschlicher Embryonen zu medizinischen Zwecken", so Kyrill.

Papst Benedikt XVI. wandte sich mit einer Grußbotschaft an die in Sibiu versammelten Delegierten aus nahezu allen Kirchen Europas: „Es ist meine aufrichtige Hoffnung, dass diese wichtige Versammlung dazu beiträgt, auf dem ökumenischen Weg voranzuschreiten, um die volle, sichtbare Einheit aller Christen wiederzufinden." Dies sei für ihn eine Priorität.

Der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomäus I., rief zur mehr Zusammenarbeit zwischen den Christen bei den drängenden Herausforderungen wie dem Klimawandel auf. Das Ehrenoberhaupt der orthodoxen Weltkirche mahnte: „Es bleibt uns keine Zeit mehr zu verweilen oder abzuwarten." Bartholomäus reist von Sibiu zu einem internationalen Symposium über Umweltschutz nach Grönland. Er rief zudem für Freitag zu einem christlichen Fastentag für den Schutz der Umwelt auf. Das Ökumene-Treffen, das bis Sonntag dauert, steht unter dem Motto "Das Licht Christi scheint auf alle. Hoffnung auf Erneuerung und Einheit in Europa".


05. September 2007

 

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