Elisabeth von Thüringen: Von der Königstochter zur Aussteigerin

Landesausstellung erinnert an die vor 800 Jahren geborene Thüringer Landgräfin Elisabeth

Eisenach (epd). Im Gedenkjahr zum 800. Geburtstag der Landgräfin Elisabeth (1207-1231) steht der thüringischen Stadt Eisenach ein neuerlicher Höhepunkt bevor. Am Freitag wird auf der Wartburg eine Landesausstellung über die "europäische Heilige" eröffnet. Parallel dazu hebt sich im Landestheater der Vorhang für ein Musical, und auch beim Lutherfest im August steht Elisabeth im Mittelpunkt.

Damit erweist sich die Landgräfin einmal mehr als eine der populärsten Gestalten der Landes- und Kirchengeschichte. Mit der Heiligenverehrung der vergangenen Jahrhunderte geriet jedoch ihr tatsächlicher Lebensweg zusehends aus dem Blick. Er begann für sie als ungarische Königstochter und endete als krankenpflegende Nonne fern der Heimat im Alter von nur 24 Jahren.

Die Heirat Elisabeths mit dem Eisenacher Landgrafen sollte beiden Adelshäusern Einfluss und Ansehen vom Thüringer Wald bis zum heutigen nördlichen Kroatien sichern. Vorangegangenen Heiratsabsprachen folgte 1211 die Übergabe der erst vierjährigen Prinzessin. Doch beschränkte sich die junge Adlige in Thüringen nicht auf das repräsentative Leben einer Landgräfin. Sie wurde zur entschiedenen Aussteigerin, deren Radikalität für die damalige Zeit ohne Beispiel war.

Das Kind sei "in Gold, Silber und Seide gewickelt und in einer silbernen Wiege liegend" überreicht worden, berichtete Elisabeths erster Chronist, der Erfurter Dominikaner Dietrich von Apolda. Die Thüringer Hofdamen registrierten bei ihr schon im zarten Kindesalter eine große Empfänglichkeit für Religiöses. Häufig soll sie vom Spielen weg unvermittelt in die Kirche gerannt sein. Später kam angeblich ein ausgeprägter Gebetseifer hinzu.

Als Landgräfin an der Seite von Ludwig IV. war die 14-Jährige ab 1221 gleichberechtigte Mitregentin. Gleichzeitig half sie regelmäßig Armen und Bedürftigen. Während Ludwig ihr Tun billigte, ging die Hofgesellschaft auf Distanz. So wurde es für Elisabeth auf der Wartburg nach Ludwigs Tod auf einem Kreuzzug 1227 recht einsam. Auf höfische Pläne zur erneuten standesgemäßen Hochzeit reagierte sie mit der Drohung, sich zu verstümmeln und die Nase abzuschneiden.

Als sie sich Karfreitag 1228 in Eisenach öffentlich von ihrer Familie und allem irdischen Glanz lossagte, stand sie bereits unter dem Einfluss des Ketzerinquisitors Konrad von Marburg. Der fanatische Prediger hatte die junge Landgräfin wiederholt in ihrer religiösen Radikalität bestärkt. Offenbar war es aber auch die 20-Jährige selbst, die den äußeren Druck einer solchen Autorität suchte, um ihre Idee eines unbedingten Lebens nach dem Evangelium umzusetzen.

Unter Konrads Anleitung verwirklichte sie ab 1228 in ihrem Marburger Spital das Ideal von der Hingabe an den Nächsten, wie es auch der junge Orden des Franziskus von Assisi predigte und vorlebte, bis zur Selbstaufgabe und ohne Rücksicht auf die eigene Gesundheit. Nach ihrem Tod 1231 wurde das Grab für zahllose Pilger zur letzten Hoffnung auf ein heilsames Wunder.

In den 700 Zeugenaussagen für die Heiligsprechung sind für Wunderheilungen über 160 Beispiele aufgeführt: Lahme konnten wieder gehen und Blinde wieder sehen, Besessene wurden geheilt, Auswüchse am Kopf eines Mädchens verschwanden. Für die Medizingeschichte zeigen die Protokolle anschaulich die damalige Verbreitung bestimmter Krankheiten.

Bereits vier Jahre nach ihrem Tod wurde Elisabeth heilig gesprochen. Bald rankten sich um ihr Leben zahlreiche Legenden. So sollen sich - nach der populären "Legende vom Rosenwunder" - Speisen in Blumen verwandelt haben, als Elisabeth auf dem unerlaubten Weg zu den Armen von Hofbeamten kontrolliert wurde.

Gerade dieses soziale Engagement hatte die irdische Elisabeth bereits für ihre Zeitgenossen zum Inbegriff einer Samariterin werden lassen. Für die Kirchen ist die Landgräfin vor allem ein Beispiel dafür, wie jenseits einer heute schwer verständlichen religiösen Besessenheit der tief empfundene Glaube zum Impuls für das Wahrnehmen von Verantwortung für die Welt werden kann.

02. Juli 2007

2007 - Das Elisabeth-Jahr der Föderation evangelischer Kirchen in Mitteldeutschland

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