"Mitsorge" im Stundentakt - Polizeiseelsorger Andreas Schorlemmer betreut die Beamten während ihres G-8-Einsatzes

Von Nicole Kiesewetter (epd)

Rostock (epd). Hektik ist angesagt bei Andreas Schorlemmer. Seit dem 29. Mai ist der evangelische Pfarrer in Rostock im Einsatz und betreut die vielen Polizisten, die in diesen Tagen im Rahmen des G-8-Gipfels Dienst tun. Er ist einer von rund 20 Polizeiseelsorgern, die derzeit rund um Heiligendamm unterwegs sind. "Mitsorge" nennt er seinen Auftrag und meint damit, möglichst nahe bei möglichst vielen der Beamten zu sein - mit ihnen mitgehen und miterleben, was sie erleben.

So wie am vergangenen Samstag, als es am Rande der Großdemonstration von G-8-Gegnern zu schweren Auseinandersetzungen kam und über 400 Polizisten verletzt wurden. "Wenn Gewalt einsetzt, kann ich auch nichts mehr machen", sagt er. Dennoch sei es für sein Aufgabenfeld wichtig, vor Ort zu sein, "damit ich weiß, worüber wir hinterher reden müssen".

"Die Demonstranten können der Polizei nicht vorwerfen, dass sie provoziert hätte", sagt Schorlemmer mit Blick auf die Ereignisse vom Wochenende. Den Demo-Veranstaltern sei es nicht gelungen, den "schwarzen Block", von dem die Gewalt ausging, einzubinden. Diese Gruppierung sei in der Demonstration mitgelaufen und geduldet worden.

Der Pfarrer, der in einer kleinen Gemeinde nahe Greifswald zu Hause ist, geht sogar noch weiter: "Ich sehe auf Seiten der Demonstranten eine Verharmlosung von Gewalt." Es werde in den nächsten Tagen deren vordringlichste Aufgabe sein, sich "eindeutig und unmissverständlich" von jeglicher Form von Gewalt zu distanzieren. Die Randalierer hätten "Lust an Gewalt" gehabt und das habe auf der anderen Seite einen "Zwang zur Gewalt" ausgelöst, so seine Einschätzung.

Klare Absprachen zwischen Demonstranten und der Polizei über die Frage, "was jede Seite mittragen kann", sei das einzige Mittel, um in den nächsten Tagen beide Interessenlagen miteinander in Einklang zu bringen, sagt Schorlemmer. Ein erstes Gespräch unter Vermittlung des Rostocker evangelischen Landessuperintendenten Matthias Kleiminger fand am Montagabend statt.

Dass das Ansinnen der G-8-Demonstranten legitim ist, daran besteht für den jüngeren Bruder des DDR-Bürgerrechtlers Friedrich Schorlemmer allerdings kein Zweifel: "Es gibt eine andere Stimme zu G-8 und die muss auch an diesem Ort gehört werden", sagt er und macht sich erneut auf den Weg, die Sonnenbrille in der einen, das klingelnde Handy in der anderen Hand.

Dabei sind die Gedanken des Pfarrers schon wieder bei "seinen" Beamten: "Nein, glaub ich nicht, dass die Polizei versagt hat", hört man ihn noch sagen - und dann fährt er auch schon wieder davon, mit seinem grün-weißen Polizeibus, der auch schon bessere Tage gesehen hat. Diesmal geht es direkt nach Heiligendamm "hinter den Zaun", wo "seine" Hundertschaft - die Polizisten aus Mecklenburg-Vorpommern - stationiert sind: Mitsorge im Stundentakt heißt es für Andreas Schorlemmer in diesen Tagen des G-8-Gipfels.


05. Juni 2007

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