"Christen sind keine Zierfische" - Frecher Hai wirbt für den Kirchentag in Köln

Kunstaktion an der Rheinbrücke

Von Holger Spierig (epd)

Köln (epd). Für den Kirchentag in Köln ist aus dem friedlichen Fisch ein frecher Hai geworden. "Lebendig und kräftig und schärfer" - um das Motto des diesjährigen Protestantentreffens aus dem Hebräerbrief zu illustrieren, wurde das frühchristliche Erkennungssymbol mit einer roten Haiflosse "frisiert". Der freche Hai spornt Organisatoren und Jugendgruppen zu kreativen Höchstleistungen an. Befürchtete Irritationen oder Bedenken blieben bislang aus.

Für den Präses der gastgebenden rheinischen Kirche, Nikolaus Schneider, erinnert der Hai daran, dass das Eintreten für Gottes Wort mitunter lebendig, kräftiger und schärfer sein müsse. Als Christenmenschen in dieser Zeit und in dieser Welt "sind wir in diesem Sinne als Haie gefragt - und nicht als Zierfische", erklärte Schneider.

Auch die als eher konservativ geltende Evangelische Allianz kann sich mit dem Haifisch anfreunden. Das Fisch-Symbol stehe auch dafür, gegen den Strom zu schwimmen und sich gegebenenfalls kräftig zu Wort zu melden, findet Generalsekretär Hartmut Steeb. "Insofern ist es positiv, wenn dadurch Anregungen gegeben werden, über das christliche Symbol nachzudenken."

Nach Ansicht von Kirchentagspräsident Reinhard Höppner macht das Plakatmotiv den Charakter des Protestantentreffens deutlich: "Provokation im besten Sinne, die etwas hervorbringt, Anstöße gibt und etwas in Bewegung setzt."

In Bewegung gesetzt hat das Symbol bereits das Team des Kirchentags, das die Losung in der Stadt sichtbar machen will. In Stuttgart, wo 1999 das Protestantentreffen stattfand, symbolisierte ein riesiger Berg mit aufgeschüttetem Salz das Leitwort "Ihr seid das Salz der Erde". Zwei Jahre später in Frankfurt vermittelten überdimensionale Figuren auf Hochhäusern die Losung "Du stellst meine Füße auf weiten Raum". Das Motto des letzten Kirchentages in Hannover "Wenn dich dein Kind morgen fragt" fand seinen Ausdruck in einer Installation, bei der Kinder ihre Fragen aufgeschrieben hatten.

Wie aber bekommt man einen Hai in die Kölner City? "Wir haben bestimmt tausend Ideen durchgespielt, die nicht realisierbar waren", erläutert der rheinische Kirchentagsbeauftragte Joachim Lenz. Auch die tollkühne Vorstellung, die Bögen der Kölner Hohenzollernbrücke zu einem riesigen Hai umzurüsten, schien anfangs nicht umsetzbar. Weil sie ein Baudenkmal ist, darf an ihr keine Werbung angebracht werden.

"Wenn der Künstler Christo den Reichstag einpacken darf, dann muss man uns erst einmal erklären, warum wir die Brücke nicht ein bisschen einpacken dürfen", sagten sich die Verantwortlichen nach Lenz' Angaben. Schließlich gehe es nicht um Werbung, sondern darum, ein Logo in die Stadt einzupassen. Erst nach einem Gutachten einer Kölner Künstlerin ließen sich die Behörden davon überzeugen, dass es sich tatsächlich um Kunst handelt.

Rund 1.600 Quadratmeter Stoff sollen über den mittleren, rund 200 Meter langen Brückenbogen gespannt werden. Dazu musste auch die Deutsche Bahn überzeugt werden. Denn während des Aufbaus müssen einige Züge auf benachbarte Gleise der berühmten Eisenbahnbrücke über dem Rhein umgeleitet werden. Während des Nachtbetriebs, in dem nur wenige Bahnen über die Brücke rattern, bringen Industriekletterer dann den Riesenfisch an. "Die können das", ist Lenz überzeugt.

Der besondere Clou ist, dass die Brücke nur die obere Hälfte des Hais zeigt. Erst durch die Spiegelung im Wasser wird daraus ein ganzer Fisch. Bei der waghalsigen Konstruktion, die auch den Windstärken trotzen muss, gibt es nur einen kleinen Wermutstropfen: "Die Idee, noch eine Flosse drauf zu setzen, mussten wir fallen lassen", erklärt Lenz. Das wäre dann doch zu aufwändig gewesen. Die Flosse soll jetzt abends mit Lichtstrahlern simuliert werden.

Der Hai wirkt offensichtlich inspirierend. So grüßt der handliche Flyer, der Jugendliche über spezielle Highlights informieren soll, die Betrachter mit: "Hi Fisch"! Der Hai fuhr sogar schon als erster offizieller Repräsentant auf dem Rosenmontagszug in Köln mit.

Der erste Kirchentagswagen in der Geschichte der Umzüge zeigte einen grinsenden Haifisch, der mit einem Sprung eine Kirche verlässt. Auf dem Rücken ein Pfarrerpärchen, das sich gerade noch an den Flossen festhalten kann. Damit verlasse nicht Christus die Kirche, beruhigte Günter Menne von der evangelischen Kirche in Köln. Vielmehr sei doch der Kirchentag ein schönes Vehikel, um die Kirchenmauern zu verlassen.

29. Mai 2007

Weitere epd-Meldungen