Immer mehr Problemfamilien in evangelischen Beratungsstellen

Berlin (epd). Der neue Direktor des Evangelischen Zentralinstituts für Familienberatung, Dieter Wentzek, beobachtet einen verstärkten Zulauf von "Multiproblemfamilien" in den evangelischen Familien- und Erziehungsberatungsstellen. Wentzek sagte dem epd am Mittwoch in Berlin, ein Grund sei, dass andere Beratungsangebote zusammengestrichen würden. Die Angebote der rund 600 evangelischen Familienberatungsstellen in der Bundesrepublik sind für die Ratsuchenden kostenlos.

Wentzek wird am Mittwoch in Berlin feierlich in sein neues Amt eingeführt. Er leitete zuvor den Kirchenkreis Hagen in Nordrhein-Westfalen. Der 56-Jährige ist Pfarrer und Diplompsychologe. Das Zentralinstitut bildet Psychologen und Pädagogen vorwiegend für die Arbeit in kirchlichen Familien- und Erziehungsberatungsstellen weiter.

In der Beratungsarbeit habe die Konfrontation mit schweren Konflikten in der Familie, mit Vernachlässigung, Misshandlungen und Gewalt in den vergangenen Jahren zugenommen, sagt Wentzek. Dies gehe aus den Auswertungen der Beratungen hervor. Insgesamt suchen pro Jahr 250.000 Klienten in evangelischen Beratungsstellen Hilfe bei Lebenskrisen, Ehe- und Paarproblemen, Schwangerschaftskonflikten oder Erziehungsfragen.

Nur selten seien gefährdete Familien von Anfang an erkennbar, so Wentzek. Die Schwere der Probleme zeige sich erst im Verlauf der Beratung. Wenn ein Kind akut gefährdet sei, werde das Jugendamt eingeschaltet. Die Berater, die der Schweigepflicht unterliegen, seien selbst nicht befugt, mögliche Gewalttaten oder Misshandlungen zu ermitteln. Vernachlässigung von Kindern habe es schon immer gegeben, sagt Wentzek. Sie werde aber heutzutage häufiger öffentlich. Eltern seien zunehmend überfordert. In gefährdeten Familien fehle vor allem die verlässliche Bindung zwischen Eltern und Kind.

Er unterstütze daher den Ansatz von Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU), früh auf Familien zuzugehen, die Hilfe benötigen. Das evangelische Zentralinstitut werde ab diesem Jahr Berater und Beraterinnen mit dem Ziel fortbilden, junge Eltern von der Schwangerschaft bis zum Ende des ersten Lebensjahres ihres Kindes psychologisch und pädagogisch zu begleiten. Die Elterngruppen, die sich regelmäßig treffen, werden von Hebammen, Ärzten oder Psychologen geleitet.

09. Mai 2007

Evangelisches Zentralinstitut für Familienberatung

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