Bestürzung über Tötungen in türkischem Bibel-Verlag - Politiker und EKD mahnen Einhaltung der Religionsfreiheit an

Berlin/Brüssel/Hannover (epd). Die Ermordung dreier Mitarbeiter eines christlichen Verlagshauses im Osten der Türkei ist von Politikern einhellig verurteilt worden. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) erklärte am Mittwoch in Panama, er habe mit Entsetzen von diesem grausamen Verbrechen erfahren. Er gehe fest davon aus, dass die türkischen Behörden alles unternehmen, um dieses Verbrechen restlos aufzuklären. Politiker und Kirchenvertreter mahnten die Respektierung der Religionsfreiheit an.

Die Männer, nach derzeitigem Kenntnisstand ein Deutscher und zwei Türken, waren am Mittwoch in Malatya im Südosten des Landes getötet worden. Ein viertes Anschlagsopfer konnte sich offenbar durch einen Sprung aus dem Fenster verletzt retten. Der genaue Hintergrund der Tat ist noch nicht geklärt. Die Mitarbeiter des christlichen Verlages waren türkischen Medienberichten zufolge bereits 2005 bedroht worden. Daraufhin habe sich der Kayra-Verlag in Zirve-Verlag umbenannt.

Der Vorsitzende des Europaausschusses des Bundestages, Matthias Wissmann (CDU), sagte dem epd, die schreckliche Tat zeige leider auch, dass der Respekt vor den christlichen Minderheiten in der Türkei keineswegs selbstverständlich sei. Nun müsse das Bemühen verstärkt werden, Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte im gesamten Staatsgebiet durchzusetzen.

Die stellvertretende menschenrechtspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Angelika Graf, sagte dem epd, die Türkei müsse "sich sehr gut überlegen, auf welchem Weg sie da ist". Sie habe wenig Hoffnung für den weiteren Reformprozess des Landes, der an sich gut begonnen habe, sagte Graf, die einen EU-Beitritt der Türkei bisher nachdrücklich befürwortete.

Grünen-Chefin Claudia Roth forderte eine schnelle Aufklärung, bei der alle Hintergründe der Tat ans Licht kommen. Es sei zu befürchten, dass die "ultranationalistische Welle" in der Türkei nach dem Mord am armentisch-türkischen Publizisten Hrant Dink im vergangenen Jahr sich ein weiteres Mal gegen Minderheiten entladen habe.

Die EU-Kommission verurteilte den Anschlag "auf das Schärfste". Es handele sich um eine fürchterliche Tat, die umgehend aufgeklärt werden müsse, sagte eine Sprecherin von EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn in Brüssel. Allerdings sei es zu früh, um über mögliche Auswirkungen auf die laufenden Beitrittsverhandlungen zwischen der EU und der Türkei zu spekulieren, betonte sie.

Auch der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, zeigte sich erschüttert über den Vorfall. Anlass des grauenhaften Geschehens sei, dass der Verlag in der Osttürkei Bibeln verteile, so Huber weiter. Dies dürfe aber niemals Grund dafür sein, Menschen an Leib und Leben zu bedrohen.

Die Religionsfreiheit ist eines der wesentlichen Kriterien für den Beitritt der Türkei zur Europäischen Union. Die Zahl der Christen in der Türkei wird auf rund 100.000 geschätzt. Kirchen haben keinen gesicherten Rechtsstatus, sie können keinen Grundbesitz erwerben und keinen theologischen Nachwuchs ausbilden.

18. April 2007

 

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