Offene Türen für müde Seelen - Gestresste Menschen erleben den Alltag im Kloster und tanken bei Arbeit und Gebet auf

Von Rebekka Buhl (epd)

Frankfurt a.M. (epd). Eigentlich wollte Elke Bartelheimer einfach nur Urlaub machen. Doch auf der Suche nach einem Ort der Ruhe und Erholung stieß die 36-Jährige auf das Kapuzinerkloster Stühlingen - ein Kloster zum Mitleben. "Eine Freundin hatte mir erzählt, dass man für einige Tage oder Wochen am Leben der Ordensgemeinschaft teilnehmen kann. Da bin ich neugierig geworden", erzählt Bartelheimer.

Die Woche, die sie schließlich an dem Ort im Schwarzwald verbrachte, war ein Urlaub der besonderen Art. Spätes Aufstehen und Faulenzen im Liegestuhl waren nicht vorgesehen. Stattdessen standen feste Gebetszeiten sowie Mitarbeit in Garten, Wäscherei oder Küche auf dem Ferienprogramm. Schließlich sollten sich die Gäste nicht verwöhnen lassen oder dem alltäglichen Leben im Kloster einfach zuschauen. Vielmehr ging es darum, den Alltag mitzuleben und zu gestalten.

Für Bruder Markus ist das Leben im Kapuzinerkloster Stühlingen nichts Neues. Vor 20 Jahren trat er der Gemeisnchaft bei, die heute aus sechs Kapuzinerbrüdern und drei Schwestern der Franziskanerinnen besteht. "Die Klostergemeinschaft ist meine Familie, auch wenn ich mir die Leute, mit denen ich zusammenlebe, nicht ausgesucht habe", sagt er.

Am Ordensleben schätzt der Mönch vor allem den festen Rhythmus, der dem Menschen seiner Meinung nach gut tut. "Wenn die Glocke läutet, ist Gebetszeit angesagt. Wenn ich anderswo arbeiten würde, wäre das nicht möglich", sagt Bruder Markus, der gelerneter Gärtner ist. Seine Hauptaufgabe sieht er jedoch darin, mit den Gästen und für die Gäste zu leben.

Dass Klöster Gäste beherbergen, ist nicht neu. Vielmehr gehört dies nach langer Klostertradition zu den zentralen Aufgaben jeder Kommunität. Neu ist lediglich der Andrang der Menschen, die Erfahrungen mit dem verbindlichen Leben in einer geistlichen Gemeinschaft machen möchten. "Die Leute merken, dass das Leben - so wie es jetzt in der Gesellschaft läuft - nicht alles sein kann", sagt Bruder Markus. Seiner Ansicht nach sehnen sie sich nach einer Auszeit und wollen dem Alltag mit seiner Hektik entfliehen. Viele Klostergäste seien auf der Suche nach spirituellen Erlebnissen.

Einen typischen Klosterbesucher gibt es nicht. Elke Bartelheimer hat in Stühlingen ganz unterschiedliche Typen getroffen - vom Geschäftsmann über den Philosophie-Studenten bis hin zum Politiker. Die pharmazeutisch-technische Assistentin fand die Zeit im Kloster vor allem interessant, weil sie viele Katholiken kennen gelernt hat: "Das war wie das Lernen einer Fremdsprache für mich und hat meinen eigenen Glauben bereichert."

Für Bartelheimer war der Aufenthalt im Kloster Stühlingen genau das, was sie gebraucht hat. "Ich bin in der einen Woche so richtig zur Ruhe gekommen und war danach sehr ausgeglichen", sagt sie. Doch obwohl sie im Kloster so positive Erfahrungen gesammelt hat, könnte sie sich nicht vorstellen, in eine Lebensgemeinschaft wie diese einzutreten. "Zum einen würde ich nicht so viel aufgeben wollen, zum anderen wäre es mir zu verbindlich", so Bartelheimer. Der Eintritt in eine Ordensgemeinschaft würde für sie schon am Gelübde der Ehelosigkeit scheitern, denn auf ihren Mann will sie nur ungern verzichten.


Die Broschüre zum Thema: Die Broschüre "Atem Holen" stellt eine Auswahl von klösterlichen Niederlassungen zahlreicher Männerorden und Frauenorden in Deutschland vor und kann gegen Voreinsendung von 1,80 Euro in Briefmarken unter folgender Adresse schriftlich bestellt werden: Haus der Orden, Postfach 1601, 53006 Bonn

Bücher zum Thema: Klosterführer. Christliche Stätten der Besinnung im deutschsprachigen Raum. Grünewald Verlag, Mainz 2007; 176 S., 16,50 Euro

Hanspeter Oschwald: Der Klosterurlaubsführer. Erfahrungen, Informationen und Tipps. Herder Verlag, Freiburg 2003; 192 S., 9,90 Euro.


05. April 2007

Informationen zum Urlaub oder zum Mitleben im Kloster im Internet:

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