Vom Grünen und vom Greinen - Um den Gründonnerstag hat sich ein reiches Brauchtum entwickelt

Von Brigitte Jonas

Frankfurt a.M. (epd). Wenn in der Woche vor Ostern Gründonnerstag im Kalender steht, weckt die Wortsilbe "grün" ganz unterschiedliche Assoziationen. Dabei verdrängt meist die volkstümliche Variante die kirchliche und historisch korrekte Worterklärung. Danach leitet sich das "grün" in Gründonnerstag nicht von der Farbe sondern vom Wort "greinen" her. Das bedeutet so viel wie "klagen" oder "weinen" und weist den Donnerstag vor Ostern als festen kalendarischen Bestandteil der Karwoche aus, in der an das Leiden und Sterben Jesu Christi erinnert wird.

Gründonnerstag wird ganz traditionell im Gedenken an die Einsetzung des heiligen Abendmahls begangen. Nach biblischer Überlieferung war dies das letzte Passah-Mahl, das Jesus zusammen mit seinen Jüngern gefeiert hat. Jesus wurde anschließend von Judas Ischariot, einem seiner zwölf Jünger, verraten und danach zum Tod am Kreuz verurteilt. Dies ist für Christen Grund zur Klage. Um dieser Trauer besonderen Ausdruck zu verleihen, war es früher vielerorts üblich, von Gründonnerstag an die Ältare der Kirchen zu verhängen oder wenigstens nicht mit Blumenschmuck zu versehen.

Bis Ostersonntag mussten die Glocken mit ihrem als zu "fröhlich" erachteten Geläut ebenso schweigen wie die Kirchenorgeln. Stattdessen ertönten hölzerne Klappern und Ratschen, die an die Klappern erinnern, mit denen zu Zeiten der Pest vor dem Schwarzen Tod gewarnt wurde oder mit denen sich in früheren Zeiten Aussätzige ankündigen mussten. Heute laden die Kirchen an Gründonnerstag zu Passionsandachten oder Musik ein, die sich mit Trauer, Leid und Tod auseinander setzen.

Das "Greinen" orientiert sich somit in erster Linie an den Vorgaben des Kirchenjahres und seinen Traditionen. Die volkstümliche Gründonnerstag-Deutung zielt auf das Frühjahr, wenn es in der Natur zu wachsen und zu sprießen beginnt. Immerhin steht das erste zarte Grün für alles Neue, Junge und Frische, also eher für Freude als für Trauer.

Jedenfalls ist man seit alters her überzeugt davon, dass den ersten Kräutern des Jahres ebenso wie den um diese Zeit gelegten Hühnereiern besondere Kräfte innewohnen. So lag es wegen der vorösterlichen Fastenzeit nahe, an Stelle der verbotenen Fleischgerichte vitaminreiche "grüne Speisen" aufzutischen.

Grüne Pfannkuchen und Spinatnocken, Kräutersuppen, Feldsalat und die vornehmlich in Hessen bekannte "Grüne Soße" bestimmten zu Gründonnerstag so den Speiseplan, dass es durchaus den Anschein haben konnte, sie hätten bei der Namensgebung Pate gestanden. Wie tonangebend das frische Frühlingsgrün im täglichen Leben tatsächlich war, lässt sich bis heute auch anhand unzähliger sprichwörtlich gewordener Redensarten erahnen.

Da heißt es etwa, man würde "ein Ding zu grün angreifen", wenn eine Sache noch verfrüht ist. Hingegen weist die sächsische Redensart "etwas zu grün abbrechen" darauf hin, dass man etwas übereilt oder unvorbereitet tut oder von einer Sache redet, bevor sie wirklich spruchreif ist. Wer sich dennoch zu solchem Tun verleiten lässt, gilt seit dem 17. Jahrhundert selbst als "grün", da er seine Unerfahrenheit und Unreife nicht verbirgt.

Umgangssprachliche Ausdrücke wie "grüner Junge", "Grünschnabel" oder "greenhorn", aber auch die Feststellung, einer sei noch "grün hinter den Ohren" sind noch immer in diesem Sinne gebräuchlich. Doch während die als grüne Seite bezeichnete "Herzseite" seit alters her als "Sitz der gesunden Lebenskraft" und damit als die "günstigste, liebenswürdigste Seite" eines Menschen angesehen wird, gilt es als wenig erfreulich, wenn man feststellen muss, dass einem ein anderer "nicht grün ist" oder man selbst "auf keinen grünen Zweig kommt".

Vorsicht scheint jedoch bis heute vor allem und jedem geboten zu sein, das übermäßig bewundert, verherrlicht oder angepriesen und damit "über den grünen Klee gelobt" wird. Wer es jedoch zu etwas bringen will, dem wird geraten, "sich grün zu machen", sich von seiner besten Seite zu zeigen. Allerdings soll auch gelten: "Wer sich grün macht, den fressen die Ziegen." Dies bedeutet im übertragenen Sinn so viel, dass man immer darauf bedacht sein soll, auf dem Boden der Tatsachen zu bleiben.

03. April 2007

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