Osteuropa: Hilfsbedürftig trotz EU-Beitritt

Spendenaktion "Hoffnung für Osteuropa" sammelt in diesem Jahr besonders für Rumänien

Von Nicole Kiesewetter (epd)

Greifswald/Stuttgart (epd). Lange galt die Gleichung: Europäische Union gleich Wohlstand. Doch spätestens seit dem EU-Beitritt vieler osteuropäischer Länder stimmt die Rechnung nicht mehr. Besonders deutlich wird dies in Rumänien, das erst zu Anfang dieses Jahres in die Staatengemeinschaft aufgenommen wurde. Deshalb wird Rumänien nun auch besondere Hilfe zuteil. Denn dorthin fließt ein guter Teil der Spenden, die in diesem Jahr im Rahmen der Aktion "Hoffnung für Osteuropa" zusammenkommen. Am Wochenende wird die bundesweite Kampagne in Greifswald gestartet.

Bereits die Kollekte des Eröffnungsgottesdienstes am Sonntag im Greifswalder Dom ist für eine "Rumänieninitiative" gedacht, die die evangelische Kirchengemeinde im nahegelegenen Süderholz gestartet hat. Einer der rund 15 Menschen, die sich darin engagieren, ist Johannes Soeder. "Uns geht es doch vergleichsweise wirklich gut", sagte er und ergänzt: "Auf dem Hintergrund unserer christlichen Lebenseinstellung haben wir Anlass zum Teilen." Deshalb sorgen er und seine Mitstreiter seit 1993 dafür, dass Hilfe ins rumänische Weißkirch gelangt, ein Dorf am Rande von Sighisoara (Schässburg).

In der Anfangszeit hätten sie von Lebensmitteln über Bekleidung bis hin zu Fahrrädern und Haushaltsgeräten so manches transportiert, sagt Soeder. "Und alles allein durch Spenden finanziert." Doch das habe sich in den letzten Jahren geändert. Der Mangel an Grundnahrungsmitteln sei, wie mittlerweile in vielen ehemaligen Ostblockländern, nicht mehr das vordringlichste Problem.

Viel eher gehe es darum, Hilfe zur Selbsthilfe und damit einen Beitrag zum Aufbau der Infrastruktur vor Ort zu leisten. Deshalb habe sich die Rumänieninitiative einem konkreten Projekt zugewandt, dem Aufbau des "Hauses des Lichts", einem Kinderheim mit integrierter Sonderschule für behinderte Kinder. Es soll in einem ehemaligen Pfarrhaus entstehen und zunächst 16 Straßenkindern Zuflucht bieten.

Solch ein Projekt passe besonders gut zum diesjährigen Motto "Junge Menschen bewegen Europa", erklärt Martina Ade. Sie ist die für die Spendenaktion zuständige Sprecherin in der Stuttgarter Zentrale des Diakonischen Werkes. Trotz Öffnung vieler östlicher Länder nach Westen herrschten vielerorts noch "desolate Zustände" - so auch in Rumänien. "EU-Beitritt bedeutet noch lange keine Anpassung an unsere Standards", sagt Ade und verweist vor allem auf den Sozial- und Gesundheitsbereich. Von der Regierung gebe es dafür kaum Geld, "und wenn wir nach Georgien oder Kasachstan schauen, wird es noch schlimmer".

Obwohl die 1,5 Millionen Euro Spendenaufkommen im vergangenen Jahr "nur der berühmte Tropfen auf den heißen Stein" sein könnten, habe "Hoffnung für Osteuropa" seit seiner Gründung im Jahr 1994 viel bewegen können. Allein 2006 hätten 100 Projekte in 14 Ländern gefördert werden können. "Und weitere Hilfe ist zwingend notwendig", so Ade.

Dabei gehe es bei dieser Aktion "um viel mehr als einen materiellen Transfer von reich nach arm", betont der pommersche Bischof Hans-Jürgen Abromeit. "Menschen kommen zusammen, lernen einander kennen und hoffentlich auch schätzen und mögen", hofft er und erinnert daran, dass das gängige Bild von Ost- oder Südosteuropa oft von Klischees geprägt und nicht selten mehr durch Medienberichte als durch persönliche Erfahrungen geprägt sei.

Erfahrungen, die Johannes Soeder und seine Mitstreiter seit 1993 bei ihren jährlichen Fahrten nach Rumänien zur Genüge sammeln konnten und aus denen neben zahlreichen Freundschaften auch eine Erkenntnis gewachsen ist: "Es ist nicht nur Hilfe für die Menschen dort, sondern auch für uns." Wer die Situation anderer Menschen kenne, denke auch ganz anders über seine eigene nach.

22. Februar 2007

Evangelische Aktion "Hoffnung für Osteuropa"

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