Kirchen wollen sich aktiver an der Gestaltung Europas beteiligen

Internationale Ökumene-Konferenz tagt in Wittenberg

Wittenberg (epd). Die europäischen Kirchen wollen sich aktiver an der sozialen und kulturellen Gestaltung Europas beteiligen. "Die Stimme der Kirchen in Europa wird gerade heute gebraucht", erklärte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, am Donnerstagabend in Wittenberg. Er sprach zum Auftakt der internationalen Ökumenischen Begegnung, an der Vertreter aus nahezu allen Kirchen Europas teilnehmen. Die 150 Delegierten wollen bis Sonntag die Dritte Europäische Ökumenische Versammlung vorbereiten, die im September im rumänischen Sibiu (Hermannstadt) stattfinden wird.

Huber sagte, zu den Themen Armut, Rüstungsexporte, Klimawandel und Umweltschutz werde ein klares Zeugnis der Kirchen im zusammenwachsenden Europa dringend erwartet. "In diesen Monaten, in denen Deutschland die Ratspräsidentschaft der Europäischen Union und die Präsidentschaft der G-8-Staaten inne hat, spüren wir hier in Deutschland solche Herausforderungen besonders deutlich", fügte der Berliner Bischof hinzu.

Die zunehmende Säkularisierung der Gesellschaft sei eine der wichtigsten Herausforderungen der Kirchen für die Zukunft, waren sich die Teilnehmer einig. Die Kirchen müssten sich der Frage stellen, was Christsein in einem säkularisierten Europa bedeutet, so der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK), der methodistische Altbischof Walter Klaiber. Der polnische Metropolit Jan A. Jeremiasz warnte die Kirchen vor Selbstmitleid: Die Säkularisierung sei eine Herausforderung, die dem christlichen Glauben einen guten Dienst erweisen könne.

"Säkularisation in Europa ist für uns alltägliche Wirklichkeit", sagte der Magdeburger katholische Bischof Gerhard Feige. Rund 80 Prozent der Menschen in seiner Region gehörten keiner Kirche an. Die evangelischen und katholischen Christen lebten dort in einem "der am stärksten entkirchlichten und entchristlichten Gebiete Europas". Daher sei die Ökumene schon lange kein Fremdwort mehr. Feige ist in Wittenberg Delegierter der katholischen Deutschen Bischofskonferenz.

Die Versöhnung zwischen den Völkern sei eine der Hauptaufgaben der Kirchen in Europa, betonte der Präsident des Rates der katholischen Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE), der Budapester Erzbischof und Kardinal Péter Erdö. Daher sei auch die Einheit der Kirche von zentraler Bedeutung. Auch der Präsident der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK), der Franzose Jean-Arnold de Clermont, rief die Kirchen zu mehr Anstrengungen auf dem Weg zur Einheit auf.

Zur Dritten Europäischen Ökumenischen Versammlung im September in Sibiu laden der katholische CCEE und die von Protestanten, Orthodoxen und Anglikanern geprägte KEK ein. Beide Organisationen vertreten zusammen fast alle reformatorischen, orthodoxen und römisch- katholischen Christen auf dem Kontinent. Das erste historische Treffen dieser Art fand 1989 in Basel statt, das zweite 1997 in Graz. An der Vorbereitung der Tagung in der Lutherstadt Wittenberg war als Mitglied des Rates der EKD die hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann beteiligt.

16. Februar 2007

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Schweizer Kirchenpräsident drängt auf Fortschritte in Ökumene

Französischer Kardinal: Mehr Dynamik nötig

Wittenberg (epd). Der Präsident der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE), der Schweizer Thomas Wipf, hat auf mehr Anstrengungen in der Ökumene gedrängt. "Die Ökumene ist zu kostbar, dass man sie alleine den Kirchenleitungen und Theologen überlässt", sagte er am Freitag in Wittenberg auf der internationalen Ökumenischen Begegnung mit Vertretern aus nahezu allen Kirchen Europas. Zudem forderte Wipf besonders mit Blick auf die römisch-katholische Kirche eine Ökumene auf Augenhöhe. Zu der Tagung wurde am Freitagabend Bundespräsident Horst Köhler erwartet.

Kardinal Jean-Pierre Ricard, Vorsitzender der katholischen Französischen Bischofskonferenz, sprach sich für eine weitere Annäherung der großen Kirchenfamilien und mehr Dynamik in der Ökumene aus. Keine Kirche dürfe sich alleine auf sich selbst beziehen, jede müsse stets offen sein für die anderen Kirchen, bekräftigte der Erzbischof von Bordeaux. Aufgabe der Kirchen sei zudem Versöhnung zwischen einst verfeindeten Völkern und Menschen.

Die Situation der Ökumene sei zur Zeit "schwierig", ergänzte Wipf, der auch Ratspräsident des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes ist. Insgesamt sei mehr Kreativität nötig. Angesichts der Herausforderungen des Klimawandels seien die ökumenischen Probleme allerdings klein, räumte der Theologe ein. Zur GEKE haben sich rund 100 protestantische Kirchen in Europa zusammengeschlossen.

Bis Sonntag bereiten 150 Delegierte in der Lutherstadt Wittenberg die Dritte Europäische Ökumenische Versammlung vor, die im September im rumänischen Sibiu (Hermannstadt) stattfindet. Die rumänische Pfarrerin Elfriede Dörr äußerte die Hoffnung, dass diese Versammlung zu einem Hoffnungszeichen für ihre Heimat wird. Viele Rumänen fühlten sich als EU-Mitglieder zweiter Klasse, beklagte Dörr. Durch das Ökumene-Treffen könne das Land eine Aufwertung erfahren.

Die Dritte Europäische Ökumenische Versammlung wird getragen vom katholischen Rat der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) und der von Protestanten, Orthodoxen und Anglikanern geprägten Konferenz Europäischer Kirchen (KEK). Beide Dachverbände vertreten zusammen fast alle reformatorischen, orthodoxen und römisch-katholischen Christen auf dem Kontinent. Das erste Treffen fand 1989 in Basel, das zweite 1997 in Graz statt. Die Versammlung in Basel gilt inzwischen als wichtiges Datum der Kirchengeschichte.

16. Februar 2007

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