Auseinandersetzung über die "Bibel in gerechter Sprache" neu entflammt

Lübeck/München (epd). In der evangelischen Kirche ist die Auseinandersetzung über die "Bibel in gerechter Sprache" neu entflammt. Der Lübecker Altbischof Ulrich Wilckens nennt die Übersetzung in einem theologischen Gutachten "bekenntniswidrig". Sie tauge nicht einmal für die persönliche Lektüre, heißt es in der am Donnerstag bekannt gewordenen Stellungnahme. Auch Nordelbiens leitender Bischof Hans Christian Knuth hält die Bibelübersetzung im Gottesdienst für "untauglich".

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, sagte, er halte die Übersetzung "nicht für gelungen". Die EKD empfehle sie auch nicht für den Gebrauch, so Bischof Huber in der "Süddeutschen Zeitung". Ziel der "Bibel in gerechter Sprache" ist nach Angaben der Übersetzerinnen, die Rolle der Frauen neu zu beleuchten und Angriffe auf das Judentum zu tilgen. Die Lübecker Bischöfin Bärbel Wartenberg-Potter gehört zu den Förderern des Projekts. Auffälliges Merkmal der Übersetzung ist, dass der Ausdruck "Herr" ersetzt wurde durch Begriffe wie "die Heilige", "Ich-bin-da", "Adonaj" oder "der Ewige".

Altbischof Wilckens, der als Hamburger Theologieprofessor selbst das Neue Testament übersetzte, nennt den Geist der neuen Bibel-Übersetzung "Häresie" (Ketzerei). Mit der Vermeidung des Begriffs "Vater" für Gott werde das Wesen des biblischen Gottes mutwillig verändert. Jesus erscheine nicht als Sohn Gottes und Erlöser, sondern als "vorbildlicher Mensch", der den Menschen die weiblichen Züge seiner Gotteserfahrung nahe bringt.

Wenn die Übersetzerinnen statt vom "Sohn" nur von "Gottes Kind" sprächen, verwandele sich der "feierliche Zuspruch Gottes aus dem geöffneten Himmel" in eine manschliche Familienidylle, argumentiert Wilckens. Die Bibel sei nicht nur ein "Ausgangstext" für eine Übersetzung, die durch "sachfremde Interessen ideologischer Art" den Sinn verfälscht, sondern der "Grundtext" für alle Christen.

Die Anliegen der Übersetzerinnen gehörten in einen Kommentar und nicht in eine Übersetzung, schreibt Bischof Knuth in der Kirchenzeitung "Die Nordelbische". Sie mache aber auf Probleme der kirchlichen Tradition aufmerksam, die aufgearbeitet werden müssten. Einige Passagen führten "theologisch zur Irrlehre", deshalb müsse sich die Kirche aber nicht gleich von dem Werk distanzieren.

In der Lübecker Petri-Kirche ist am Montag (19. Februar) ein Streitgespräch geplant, an dem Übersetzer wie die Professoren Luise Schottroff (Kassel) und Frank Crüsemann (Bielefeld) ebenso wie der Kritiker Michael Moxter (Hamburg) teilnehmen. Altbischof Wilckens hat seine Teilnahme abgesagt.

16. Februar 2007

Das theologische Gutachten zur "Bibel in gerechter Sprache" von Ulrich Wilckens

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