Theologe Jüngel ruft evangelische Kirche zu Gottvertrauen auf

Wittenberg (epd). Der Tübinger Theologieprofessor Eberhard Jüngel hat die evangelische Kirche bei ihrer Zukunftsplanung zu Gottvertrauen aufgerufen. In einer Bibelarbeit auf dem EKD-Zukunftskongress in Wittenberg erinnerte Jüngel am Samstag an den biblischen Stammvater Abraham. Dieser habe auf Gott vertraut und sich von ihm führen lassen, um einen Streit um Weideland mit seinem Neffen Lot zu vermeiden. "Der Glaube kennt nur einen Erfolg: von Gott geführt zu werden", sagte der Theologe.

Allerdings sei Planung für die Kirche auf dem Weg in die Zukunft unerlässlich, sagte Jüngel. So habe die vom Rat der EKD eingesetzte Perspektivkommission bis ins Jahr 2030 vorausdenken und "die Gegenwart in die Zukunft hochrechnen" müssen. Die rund 300 Teilnehmer des Zukunftskongresses der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) setzten ihre Tagung am Samstagmorgen fort. Sie sollte am Nachmittag mit einem Abschlussgottesdienst in der Wittenberger Stadtkirche beendet werden.

Der Präses der Protestantischen Kirche der Niederlande, Jan-Gerd Heetderks, verwies in einem Vortrag am Freitagabend auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Kirchen in den beiden Nachbarländern. Die Synode der Protestantischen Kirche in den Niederlanden habe 2005 ein Positionspapier vorgelegt, in dem wie bei der EKD von einem Wachstum gegen den Trend die Rede sei. Dem niederländischen Papier wie auch dem EKD-Impulspapier "Kirche der Freiheit" könne indes vorgeworfen werden, sie erweckten den Eindruck, als sei Kirche "machbar und ganz und gar zu gestalten".

Die Kirche spiele in den Niederlanden eine weitaus geringere Rolle als in Deutschland, so der Präses. Der Anteil der nicht kirchlich gebundenen Niederländer betrage bereits knapp zwei Drittel. Bis 2020 werde er einer amtlichen Prognose zufolge auf 72 Prozent steigen. Die Kirche sei in den Niederlanden eine "tolerierte Minderheit" geworden. Angesichts dieser Entwicklung warnte Heetderks vor der Gefahr einer Marginalisierung der Kirche auch in Deutschland.

27. Januar 2007

Bibelarbeit von Eberhard Jüngel


Freizeitforscher empfiehlt Gottesdienst am Sonntagabend

Wittenberg (epd). Der Freizeitforscher Horst W. Opaschowski hat der Kirche empfohlen, bei den Gottesdienstterminen die Sonntagsplanung der Menschen stärker zu berücksichtigen. Das ideale Zeitfenster für Gottesdienstbesuche sei am späten Sonntagnachmittag zwischen 17 und 19 Uhr, sagte er am Freitagabend auf dem Wittenberger Zukunftskongress der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Der Gottesdienst am Sonntagvormittag sei immer weniger mit der Planung der Menschen vereinbar.

Meditation und Andacht, innere Sammlung und Zur-Ruhe-Kommen seien am meisten gefragt nicht am frühen Morgen, sondern zur Zeit der so genannten Sonntagabend-Krise, argumentierte der Leiter des B.A.T.-Freizeitforschungsinstituts. Opaschowski fügte hinzu: "Jetzt will man zur Ruhe kommen und in Ruhe gelassen werden - auch von der eigenen Familie."

Als Folge der Alterung der Gesellschaft wird nach Ansicht des Freizeitforschers Religion als Lebensgefühl wichtiger. Für die Generation "65plus" sei Religion fast so wichtig wie das Geld, sagte er. Zudem sei bis zum Jahr 2020 mit einer zunehmenden Nachfrage nach Sinn zu rechnen. "Die Sinnorientierung wird zur wichtigsten Ressource der Zukunft und zu einer großen Herausforderung der Wirtschaft werden", sagte Opaschowski voraus. Denn mit jedem neuen Konsumangebot stelle sich die Sinnfrage "Wofür das alles?". Letztlich gehe es um Lebensqualität. Statt Werbebotschaften forderten die Verbraucher Wertebotschaften.

27. Januar 2007

Vortrag von Horst W. Opaschowski "Soziale Rahmen des Reformprozesses"

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