Göring-Eckardt: Evangelische Kirche braucht neuen Aufbruch

Wittenberg (epd). Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) hat die Reformbemühungen in der evangelischen Kirche befürwortet. Dabei sollte sich die Kirche aber nicht über Strukturfragen "auseinanderdividieren", empfahl die Grünen-Politikerin am Freitag auf dem Zukunftskongress der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Wittenberg. Vielmehr sei von der Kirche eine Antwort gefragt, welche Rolle Religion und Glaube in der Gesellschaft spielten sollten.

"Deswegen brauchen wir Reformen und einen neuen Aufbruch, nicht vordergründig, weil wir weniger werden und das Geld knapp wird", ergänzte Göring-Eckardt, die auch der EKD-Synode angehört. Die Grünen-Politikerin wandte sich gegen einen Rückzug der Kirche aus ländlichen Gebieten, warb zugleich aber für eine Schwerpunktbildung und übergemeindliche Zusammenarbeit.

Wer zur Gemeinde gehört, werde sich künftig nicht mehr allein am Wohnort festmachen. "Die Sorge, dass Schwerpunkte gleich Ausdünnen hieße, teile ich nicht", sagte Göring-Eckardt.

Einwänden gegen die Verwendung ökonomischer Begriffe wie Benchmarking, Qualitätsmanagement und Taufquoten in dem EKD-Impulspapier "Kirche der Freiheit" hielt die Grünen-Politikerin und Theologin entgegen, dies habe der Provokation und Klarheit gedient: "Und wir sollen auch mit unserer Rede Kirche in der Welt und nicht neben der Welt sein."

26. Januar 2007


EKD-Zukunftskongress debattiert über kirchliche Reformkonzepte

Wittenberg (epd). Mehr als 300 Vertreter des deutschen Protestantismus haben am Freitag in Wittenberg die Debatte über kirchliche Reformperspektiven bis zum Jahr 2030 aufgenommen. Der Zukunftskongress sei kein "Beschlussgremium und kein Redaktionsgremium", sagte die Kulturbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland, (EKD), Petra Bahr.

"Die Kirche, die wir jetzt reformieren, wird bei vielen Menschen, gerade den so genannten Distanzierten, erst in der nächsten Generation ankommen", sagte der Göttinger Theologieprofessor Jan Hermelink. Er riet zu Gelassenheit, wenn rasche Missionserfolge ausblieben. Eine Kirche, die Bindung und Freiheit des Glaubens darstelle, werde sich um das Interesse der Menschen nicht sorgen müssen.

Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats, Olaf Zimmermann, sagte, die evangelische Kirche könne auf einen gemeinsamen kulturellen Kernbestand zurückgreifen und durch Kultur Zugang zu Kirche eröffnen: "Kultur kann und sollte zu einem Schlüssel werden, mit der Kirche in Kontakt zu kommen."

Angebote der kulturellen Bildung könnten bislang kirchenfremde Menschen erreichen, so Zimmermann. Dabei hingen kulturelle und religiöse Bildung eng zusammen, denn viele Werke der Malerei, der Literatur, der Kirchenmusik und Architektur setzten entsprechende religiöse Bildung voraus. "Kirche im Dorf" biete Heimat und kulturelle Angebote könnten dafür eine Brücke bieten.

Die Chemnitzer Pfarrerin Astrid Kühme sagte, das Impulspapier "Kirche der Freiheit" sei ein "sehr deutscher Text". Darin würden Erfahrungen oder Modelle von Reformen aus anderen reformatorischen Kirchen in Europa kaum aufgegriffen. Zu kurz komme auch der "gegenwartskritische politische Auftrag" der Kirche. Kirche und Christen seien "nicht nur Licht, sondern auch Salz der Erde". Sie müsse parteilich an der Seite derer stehen, die an der neuen politischen Freiheit scheiterten und keine Lebenschancen für sich sähen, wie Hauptschulabgänger, allein stehende Mütter oder Hartz IV-Empfänger.

Grundlage des Zukunftskongresses sind die Reformvorschläge aus dem Impulspapier "Kirche der Freiheit", das die EKD im vergangenen Sommer vorgelegt hat. Angesichts rückläufiger Mitgliederzahlen und abnehmender Finanzkraft werden darin weit reichende Veränderungen für alle kirchlichen Ebenen empfohlen.

So soll bis 2030 die Zahl der Gottesdienstbesucher von derzeit vier Prozent auf zehn Prozent gesteigert werden. Die Zahl der örtlichen Kirchengemeinden und der Pfarrer soll zurückgehen, die Angebote anderer Gemeindeformen ausgeweitet werden. Der Qualität von Gottesdiensten, Taufen, Trauungen und Beerdigungen soll größerer Stellenwert beigemessen werden. Den meisten Widerspruch erntete die Empfehlung, die Zahl der Landeskirchen von derzeit 23 auf acht bis zwölf zu verringern.

26. Januar 2007


Leuchtfeuer und nötige Kurskorrekturen - (Zitat)

Wittenberg (epd). "Leuchtfeuer aller Art und Funktion dienen nicht dazu, bis zuletzt auf ein einzelnes loszusteuern und dieses sodann umzufahren. Wer aber den Abstand zu groß wählt, läuft Gefahr, den Heimathafen zu verpassen. Die Kunst der Nautik liegt darin, sich an all diesen Punkten zu orientieren und mit deren Hilfestellung nötige Kurskorrekturen vorzunehmen." - Der Student Stefan Bölts am Freitag auf dem Zukunftskongress der EKD in Wittenberg zu den als "Leuchtfeuer" bezeichneten Reformvorschlägen im Impulspapier "Kirche der Freiheit".

26. Januar 2007


Bischof Knuth kritisiert Reformdebatte in evangelischer Kirche

Wittenberg (epd). Der Schleswiger Bischof Hans-Christian Knuth hat die Reformdiskussion in der evangelischen Kirche kritisiert. "Wir sind Kirche Jesu Christi, und nicht Kirche der Freiheit", sagte Knuth am Freitag auf dem Zukunftskongress der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Wittenberg. Auf dem Kongress diskutieren rund 300 Kirchenvertreter über die Reformvorschläge des Impulspapiers "Kirche der Freiheit", das die EKD im Juli vorgelegt hat.

"Wir beten nicht die Freiheit an, die Freiheit ist nicht unser höchster Wert", sagte Knuth. Das Schlagwort der Freiheit werde in dem EKD-Impulspapier verwendet, um ein "gutes berauschendes Gefühl" zu erzeugen, kritisierte der Theologe aus der nordelbischen Kirche in Schleswig-Holstein und Hamburg. Er äußerte die Befürchtung, dass die Reformvorschläge zu "Zentralismus und Hierarchisierung" in der Kirche führten.

Knuth wandte sich gegen den "Versuch der Steuerung und Lenkung aller kirchlichen Lebensprozesse nach einer einheitlichen Strategie". Im "weltlichen Bereich" habe man "den Glauben an die zentrale Steuerung sozialer Großsysteme längst hinter sich gelassen", so der Bischof.

26. Januar 2007

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