Der "heilige Hügel" in Genf - An der Spitze der ökumenischen Bewegung stehen drei Afrikaner

Von Jan Dirk Herbermann (epd)

Genf (epd). Eingeweihte nennen die Erhebung am nördlichen Stadtrand von Genf den heiligen Hügel. Auf der Erhebung an der Route de Ferney schlägt das Herz der weltweiten ökumenischen Bewegung. Und dieses Herz schlägt im Takt von Afrika. Dort, im Ökumenischen Zentrum, residieren der Weltkirchenrat, der Lutherische Weltbund (LWB) und der Reformierte Weltbund - die Generalsekretäre der drei Kirchenbünde stammen alle aus Afrika.

Setri Nyomi, Generalsekretär des Reformierten Weltbundes, kommt aus Ghana, Ishmael Noko vom LWB hat seine Heimat in Simbabwe und Samuel Kobia vom Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) ist Kenianer. "Dass wir drei aus Afrika kommen ist reiner Zufall", sagt Nyomi. "Es war aber vielleicht eine Anerkennung, dass es auch in Afrika kompetente Leute gibt." Für Noko sind die Afrikaner an der Spitze ein Zeichen der Reife der ökumenischen Organisationen.

Die drei Generalsekretäre aus Afrika stehen für ein neues Zeitalter in der ökumenischen Bewegung. "Als Afrikaner haben wir einen starken spirituellen Hintergrund. Alle Schwierigkeiten kann man überwinden", sagt Nyomi und fügt hinzu: "Das ist so, weil Gott die Kontrolle hat." Bevor Nyomi 2000 seine Stelle antrat, hatte der Reformierte Weltbund nur Europäer als Generalsekretäre.

Mit den Afrikanern an der Spitze könnte auch die Ökumene selbst einen großen Schritt nach vorne machen: So trafen sich die Führungsgremien des LWB und der Reformierten unlängst erstmals zu einer gemeinsamen Sitzung. Und Weltkirchenrat, Reformierte und Lutheraner begrüßen eine gemeinsame ökumenische Vollversammlung. Bislang treffen sich die Bünde jeweils getrennt. Allerdings wird es wohl noch einige Jahre bis zu einem ökumenischen Gipfel dauern.

LWB-Generalsekretär Noko betont, dass gerade für Afrikaner ökumenisches Leben eine Art Normalzustand ist: "Die jetzigen ökumenischen Führungen kommen aus Ländern und Regionen, in denen die Gesellschaften multireligiös sind und in denen es viele Konfessionen gibt."

Mit den Afrikanern rücken aber auch Themen wie gerechte Globalisierung, Seuchenbekämpfung und Verhütung bewaffneter Konflikte in das Zentrum der Bünde - die ökumenische Bewegung wird mit ihnen noch politischer.

Einen Schub bekam dieser Trend 2004. Vor knapp drei Jahren bezog Samuel Kobia das Büro des Generalsekretärs des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK). Der Kenianer streitet seitdem für eine faire Verteilung der Güter und für den Frieden. So verurteilte er den Militärputsch auf den Fidschi-Inseln, er mahnte alle Länder mit Atomwaffen, ihre Arsenale abzubauen, und er dringt auf Religionsfreiheit in China. Nach der Hinrichtung des früheren irakischen Diktators Saddam Hussein kritisierte er die Todesstrafe.

Besonders kritisch betrachtet der ÖRK-Generalsekretär die US-Politik unter Präsident George W. Bush. "Grundsätzlich bin ich sehr besorgt, wie Präsident Bush und andere Vertreter seiner Administration Gott für ihre Politik in Anspruch nehmen. Wir sollten die Welt nicht danach einteilen, auf welcher Seite Gott stehen könnte", sagt Kobia. "Die Frage ist: Sind wir auf Gottes Seite?". Kobia und Bush gehören beide der methodistischen Kirche an.

Der Mann aus dem Osten Afrikas, der schon als Vermittler in Konflikten auftrat, will es jedoch nicht nur bei Worten belassen. So hat der Weltkirchenrat einen Sonderfonds gegen Rassismus aufgelegt. Damit unterstützen die Genfer Projekte gegen Diskriminierung in aller Welt.

Über den Fonds und andere Projekte tauschen sich die drei Generalsekretäre aus Afrika regelmäßig aus. Die kleinen Palaver auf dem heiligen Hügel werden aber auch nicht ewig andauern. Als erster der drei Generalsekretäre könnte Noko vom LWB ausscheiden: Der seit 1994 amtierende Theologe will seinen Posten Ende des Jahrzehnts aufgeben.

02. Januar 2007

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