Paten helfen Behinderten bei der Arbeitssuche

Diakonieprojekt "Jobbrücke" setzt auf ehrenamtliche Unterstützer

Von Martin Franke (epd)

Berlin (epd). Seit einem Vierteljahr hat Boris Beuster eine richtige Arbeit: Vollzeit, auf dem ersten Arbeitsmarkt und als Heilerziehungspfleger, dem Beruf, den er erlernt hat. Doch bis dahin war es ein mühsamer Weg, denn er ist von Geburt an behindert. Der 31-Jährige hat unter anderem eine Sehbehinderung und ist Spastiker.

Beusters Arbeitstag in einer Berliner Privatschule beginnt um elf Uhr. Er bereitet mit Kollegen die Essensausgabe für bis zu 130 Grund- und Realschüler vor. Die Erst- bis Sechstklässler werden hier bis 18 Uhr betreut, können Hausaufgaben machen und ihre Freizeit verbringen. Wenn die Küchenarbeit erledigt ist, bietet er eine Spielgruppe an.

Der 31-Jährige hatte viele Bewerbungen geschrieben und war zuletzt in einer "Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung" an der Schule beschäftigt. Trotz aller Bemühungen schaffte er aber den Sprung auf den ersten Arbeitsmarkt nicht. In der Schule arbeitete er zeitweise sogar ehrenamtlich. Mit Unterstützung des Projekts "Jobbrücke" gelang es, aus dem Job eine feste Stelle zu schaffen.

Das im Mai 2005 gegründete Projekt "Jobbrücke" ist Teil der Initiative "Arbeit durch Management/Patenmodell". Sie war 1999 nach niederländischem Vorbild gegründet worden und arbeitet inzwischen bundesweit mit über 300 ehrenamtlichen Jobpaten. "Jobbrücke" kümmert sich ausschließlich um behinderte Arbeitssuchende und gehört zum Projekt "Jobs ohne Barrieren" des Bundesarbeitsministeriums. Bislang gibt es nur in Berlin Angebote. Die Arbeitsuchenden haben eine Körper- oder Sinnesbehinderung und sollten eine Ausbildung vorweisen können.

"Wir arbeiten zur Zeit mit neun Zweierteams", erklärt Dirk Brigmann, der die Jobbrücke beim Diakonischen Werk Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz koordiniert. Ein ehrenamtlicher Integrationsberater geht auf Unternehmen zu und akquiriert zusammen mit dem Arbeitslosen eine passende Stelle. Der Jobpate ist zuständig für die richtige Bewerbungsstrategie, optimiert die Bewerbungsunterlagen und hilft bei der Berufsorientierung.

Beuster füllte im Frühjahr auf der Internetseite www.patenmodell.de das Formular für Arbeitsuchende aus und bekam nach einem Erstgespräch im März zwei Paten zugewiesen, von denen er Tipps erhielt. Außerdem absolvierte der Heilerziehungspfleger ein Telefontraining.

Der potenzielle Arbeitgeber wurde wegen Fördermöglichkeiten durch das Arbeitsamt beraten. Beuster ist zu 70 Prozent behindert und hat Anspruch auf Lohnkostenzuschuss. Brigmann schaut sich die Arbeitsuchenden aber auch die Paten sehr genau an, bevor er sie vermittelt. "Hier kann nicht jeder als Pate tätig werden", sagt er. Voraussetzung sei Erfahrung bei der Personalführung, im Coaching und bei der Berufsbegleitung.

Zu denen, die sich für durchschnittlich zwei Stunden pro Woche engagieren, gehören viele Selbstständige und Angehörige sozialer Berufe. Sie treffen sich zu einem monatlichen Fachgespräch, erhalten Supervision und werden regelmäßig von Brigmann persönlich bei ihrer Arbeit unterstützt. "Die Ehrenamtlichen sind unser Kapital", sagt der Projektkoordinator.

Über eine passwortgeschützte Onlinedatenbank haben die Paten Zugriff auf die Personaldaten ihrer Schützlinge. Arbeitgeber können sich anonymisierte Profile im Internet ansehen und dann wegen der Vermittlung per Mausklick an den zuständigen Paten wenden.

Besonders hilfreich seien die Netzwerke in der Wirtschaft, die das Patenmodell durch Sponsoren wie Vattenfall oder Bombardier aufgebaut habe, erläutert Brigmann. Vivento, die Personalagentur der Telekom, habe Mitarbeiter zur Verfügung gestellt, die seit zwei Jahren bundesweit 16 Koordinationsbüros für das Patenmodell aufbauen. Das unbürokratische und flexible Unterstützungssystem führt laut Brigmann für die Arbeitssuchenden im Durchschnitt nach vier bis sechs Monaten zum Erfolg.


01. Dezember 2006

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