Weihnachtsgeschichte in leuchtenden Farben

Kirchenfenster aus dem 19. Jahrhundert werden als kostbares Kulturgut wiederentdeckt

Von Thomas Bickelhaupt (epd)

Erfurt (epd). Der Wiederaufbau nach dem Stadtbrand von 1840 hat dem südthüringischen Sonneberg ein kunsthistorisches Kleinod beschert. An der neuen Stadtkirche von 1845 auf dem Schönberg ist nicht nur die neugotische Anlehnung an die Nürnberger Lorenzkirche bemerkenswert. Eine Besonderheit sind auch ihre leuchtend farbigen Fenster im Altarraum. Das älteste stammt von 1843 und gilt damit als das früheste erhaltene Zeugnis für monumentale Glasmalerei des 19. Jahrhunderts in Thüringen.

Die evangelische Stadtkirche von Sonneberg gehört zu den über 700 Kirchengebäuden in Thüringen mit Glasmalereien aus dem 19. Jahrhundert. Deren Bestand allein im kirchlichen Bereich wird im Freistaat heute auf über 2.500 geschätzt. Ursprünglich dürften es weitaus mehr gewesen sein, sagt Landeskonservator Stefan Winghart. Nach Verlusten durch Kriegsschäden und Geringschätzung durch die Denkmalpflege in ganz Deutschland seien sie erst in den vergangenen Jahren als kostbares Kulturgut wiederentdeckt worden.

Das kunstvoll gestaltete "Memorialfenster" in Sonneberg erinnert an ihre Stifterin, die verwitwete englische Königin Adelheid aus dem Thüringer Fürstenhaus Sachsen-Meiningen und Hildburghausen. Mit den anderen großen Fenstern zu biblischen Themen setzte sich der Meininger "Theaterherzog" Georg II. (1826-1914) ein weiteres Denkmal als Stifter und kunstsinniger Landesvater.

Die Entwürfe stammen aus dem Münchner Atelier des spätromantischen Malers Moritz von Schwind. Diese haben Gemälde des italienischen Renaissancemalers Fra Angelico zum Vorbild. Das Weihnachtsfenster mit der Anbetung der Könige zeigt unter dem hellen Stern von Bethlehem Maria mit dem Jesuskind, während Josef zurückhaltend im Hintergrund bleibt. Einer der Könige legt dem Neugeborenen seine Krone zu Füßen.

Wie in Sonneberg dominieren auch auf den gläsernen Bilderbibeln in den meisten anderen Kirchen Motive aus der Weihnachtsgeschichte, gefolgt von anderen populären biblischen Geschichten wie die Taufe im Jordan oder Kreuzigung und Auferstehung.

Die evangelischen Auftraggeber ergänzten ihr Bildprogramm häufig um Persönlichkeiten der Reformation, der Kirchenmusik oder der Regionalgeschichte. In katholischen Kirchen finden sich neben der biblischen Heilsgeschichte immer wieder auch Darstellungen aus dem Marienleben oder zu Heiligenlegenden.

Während die Glasmalerei des Mittelalters zu allen Zeiten als bewahrenswerte Kunst galt, wurden die zwischen 1800 und 1914 entstandenen Malereien erst etwa ab 1980 "rehabilitiert". Als Meilenstein auf diesem Weg gilt eine 1993/94 im Erfurter Angermuseum gezeigte Ausstellung. Ausgewählte Beispiele aus ganz Deutschland offenbarten damals zugleich große Lücken bei der Dokumentation der erhaltenen Bestände.

Mittlerweile liegen - zumindest für die ostdeutschen Bundesländer - fünf Bände mit ausführlichen Beschreibungen vor. Parallel zur Erfassung wurden Fenster schrittweise restauriert. In Thüringen stellte die Denkmalpflege dafür seit 1995 rund 500.000 Euro zur Verfügung. Zu den erneuerten Glasmalereien gehören unter anderem die Fenster der Geraer Salvatorkirche.

Eine Besonderheit der barocken Innenstadtkirche, deren Innenraum 1903 komplett umgestaltet wurde, zeigt sich nun in neuem Licht: Die Jugendstil-Fenster mit Darstellungen zur Weihnachtsgeschichte und zu anderen biblischen Themen leuchten wieder in frischer Farbigkeit.

18. Dezember 2006

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