Kirchen kritisieren expansive Rüstungspolitik der Bundesregierung

Berlin (epd). Die beiden großen Kirchen haben der Bundesregierung eine expansive Rüstungsexportpolitik vorgeworfen. Vor allem kritisierten sie die gestiegenen Ausfuhren in Entwicklungsländer, wie aus dem am Montag in Berlin vorgestellten Rüstungsexportbericht 2006 der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE) hervorgeht. Die Bundesregierung verschweige diese Zahlen und stelle ihre Rüstungsexportpolitik zu Unrecht als restriktiv dar.

Der evangelische GKKE-Vorsitzende, Prälat Stephan Reimers, sprach von einem "rasanten Anstieg" der Rüstungsexporte im Jahr 2005. Es seien Kriegswaffen im Wert von 1,6 Milliarden Euro ausgeführt worden, über 40 Prozent mehr als im Vorjahr. Auch das Volumen der Ausfuhrgenehmigungen für Rüstungsgüter habe zugenommen: von 3,8 Milliarden Euro 2004 auf 4,2 Milliarden Euro 2005.

"Großes Befremden" äußerte Reimers über den Anstieg der Rüstungsausfuhren in Entwicklungsländer. In ihrem jährlichen Rüstungsbericht erwähne die Bundesregierung nur Ländergruppen mit niedrigen Einkommensniveaus. Diese Länder hätten 2005 Güter im Wert von 911 Millionen Euro gegenüber 429 Millionen Euro im Vorjahr erhalten.

Insgesamt seien jedoch an Staaten, die nach den Kriterien der OECD ("Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung") staatliche Entwicklungshilfe erhielten, Rüstungsgüter mit einem Volumen von 1,65 Milliarden Euro geliefert worden. Dieses Zahl verschweige die Bundesregierung, kritisierte Reimers.

Die Kirchen seien besorgt, dass unter diesen Lieferungen ein großer Anteil von kleinen und leichten Waffen sei, die das Fortdauern gewaltsamer Konflikte begünstigten. Zudem sei die Bundesregierung offenkundig von ihrem Grundsatz abgekehrt, keine Waffen in Spannungsgebiete zu liefern, so der GKKE-Bericht. Der Autor des Berichts, Bernhard Moltmann von der Hessischen Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung, nannte Israel als problematisches Empfängerland.

Der katholische GKKE-Vorsitzende Prälat Karl Jüsten erinnerte daran, dass Rüstungsexporte nicht die "Neigung zu gewaltförmigen Handeln von Staaten nach innen wie nach außen steigern" dürften. Rüstungstransfers müssten im Einklang mit den Erfordernissen guten Regierens stehen. Bei der Bundesregierung sei jedoch eine Akzentverschiebung zu erkennen. Rüstungsexporte sollten offensichtlich den Bestand der Rüstungsproduktion in Deutschland gewährleisten.

Die Kirchen forderten die Bundesregierung auf, die EU-Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2007 dafür zu nutzen, innerhalb der EU zu verbindlichen Standards bei den Rüstungsexporten zu kommen. Ein Ehrenkodex, der fertig in der Schublade liege, sei bislang nur eine Selbstverpflichtung, erläuterte Moltmann. Wenn er als "Gemeinsamer Standpunkt" des Rates verabschiedet würde, bekäme er verbindlichen Charakter für die Mitgliedstaaten. Reimers regte an, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in der "Berliner Erklärung" anlässlich des 50. Jahrestags der Römischen Verträge im März darauf hinwirken könne.

In der GKKE arbeiten der Evangelische Entwicklungsdienst und die katholische Deutsche Kommission Justitia et Pax zusammen.

18. Dezember 2006

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