EKD prüft Verfassungsbeschwerde zum Sonntagsschutz

Hannover (epd). Rechtsexperten der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) prüfen gegenwärtig die Erfolgschancen einer Verfassungsbeschwerde zum Sonntagsschutz. Erste Gutachten hätten ergeben, dass insbesondere das Berliner Landesgesetz zu den Ladenöffnungszeiten als verfassungswidrig bewertet werden könne, sagte der EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber am Freitag in Hannover. In Berlin dürfen die Geschäfte an zehn Sonntagen im Jahr einschließlich der Adventssonntage öffnen.

Dies sei ein erheblicher Eingriff in den Sonntagsschutz, der einen ganzen Teil des Jahres betreffe, sagte Huber: "Die bisherige Regelung von vier Sonntagen im Jahr darf auf keinen Fall ausgeweitet werden." Was darüber hinaus gehe, sehe die Kirche als einen Angriff auf den verfassungsmäßig garantierten Schutz der Sonn- und Feiertage an, so der Berliner Bischof. Es gebe gute Gründe, die Zahl von vier Sonntagen eher noch zu vermindern. Um die Erfolgsaussichten einer Klage zu ermitteln, wolle die EKD ein weiteres Gutachten einholen.

Die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz sei bereit, die Klage zu erheben, erklärte Huber. Sie werde dabei von allen Mitgliedskirchen der EKD unterstützt. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Themas komme als Instanz am ehesten das Bundesverfassungsgericht in Frage. Eine solche Klage habe keine Vorläufer, erläuterte der Ratsvorsitzende: "Wir betreten Neuland, und Neuland betritt man Schritt für Schritt." Die EKD wolle nichts überstürzen, sondern sorgfältig prüfen.

Zu klären sei insbesondere, aus welchem Grundrechtsartikel sich die Klagebefugnis herleiten lasse, sagte der juristische Vizepräsident im Kirchenamt der EKD, Burkhard Guntau. In Frage kämen Artikel 140 des Grundgesetzes zur Freiheit der "Religionsgesellschaften" und Artikel 4 zur Glaubensfreiheit. Huber betonte, bestehende Gesetze müssten wieder zurückgenommen werden, wenn sie nicht dem Grundgesetz entsprächen.

Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Nikolaus Schneider, wies darauf hin, dass auch eine Ladenöffnung am Samstag bis 24 Uhr den Sonntagsschutz beeinträchtige: "Für Menschen, die so lange arbeiten müssen, ist der Sonntag nicht mehr der, der er sein sollte." Bischof Huber kündigte an, die EKD-Kampagne "Ohne Sonntag gibt's nur noch Werktage" aus dem Jahr 1999 weiterzuführen. In Teilen solle sie bereits in der laufenden Adventszeit wieder aufgegriffen werden, als Ganzes im kommenden Jahr.

08. Dezember 2006

Audio-Beiträge im Podcast von der heutigen Pressekonferenz mit dem EKD-Ratsvorsitzenden zum Thema Sonntagsschutz