Von Würzburg nach Wittenberg

EKD-Reformpapier wird von der Synode konstruktiv-kritisch aufgenommen

Von Rainer Clos (epd)

Würzburg (epd). Zu Beginn der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) war ein anschwellendes Gegrummel zu vernehmen. Unter den 120 Mitgliedern des Kirchenparlaments gebe es ein spürbares Unbehagen, so hieß es auf den Fluren des Würzburger Tagungszentrums. Fühlten sich doch die Synodalen nicht ausreichend einbezogen in die Debatte über die Zukunft des deutschen Protestantismus. Der Rat der EKD hatte den Reformprozess im Sommer mit dem Impulspapier "Kirche der Freiheit" in Gang gesetzt. Doch der Aufstand gegen den Aufbruch-Impuls blieb aus.

Angesichts des Rückgangs der Mitgliederzahlen und sinkender Finanzkraft wirbt das Impulspapier für einen Mentalitätswandel durch Konzentration auf die kirchlichen Kernaufgaben und geistliche Profilierung. Zwölf ehrgeizige Reformziele nennt das EKD-Papier, wie Wachsen gegen den Trend erreicht werden soll. So soll die Zahl der Gottesdienstbesucher von derzeit vier Prozent auf zehn Prozent im Jahr 2030 gesteigert werden, mehr evangelische Taufen, Trauungen und Beerdigungen werden erwartet. Die Zahl der örtlichen Kirchengemeinden und Pfarrer soll zurückgehen, die Zahl der Profilgemeinden und netzwerkorientierten Angebote steigen.

Im Grundsatz fanden diese Anregungen Beifall bei den Synodenmitgliedern, zu Einzelfragen gab es jedoch auch kritische Fußnoten: So stieß bei den Kirchenparlamentariern die in dem Papier formulierten Anfragen an die Effizienz der synodalen Struktur der evangelischen Kirche auf Widerspruch. Auch an der Forderung nach Qualitätsstandards für Pfarrer rieben sich etliche Debattenredner. Zur umstrittenen Empfehlung für Fusionen unter den 23 evangelischen Landeskirchen gab es den Rat zur Nüchternheit.

Der Sorge manches Synodalen, "Kirche der Freiheit" sei zu stark von betriebswirtschaftlichen Überlegungen geprägt, entgegnete EKD-Ratsmitglied Marlehn Thieme ironisch: Börsenreife sei keineswegs das Ziel der Autoren gewesen. Angesichts der "angstbesetzten Debatte" über Qualitätsmerkmale ermunterte Thieme dazu, über Qualitätsbewusstsein auch bei Pfarrern und geistlicher Leitung nachzudenken. Im Zusammenspiel von Kirchengemeinden, Landeskirchen, EKD und Synoden gebe es Verbesserungs- und Klärungsbedarf.

Nachdem die Synodalen am Mittwoch nach mehr als 30 engagierten Redebeiträgen ihre Debatte über das Impulspapier beendet hatten, zog der EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber ein erstes Fazit. In einer kritischen, konstruktiven und weiterführenden Diskussion habe die Synode den Reformprozess bejaht und sich selbst zum Subjekt darin gemacht. Synodenpräses Barbara Rinke sprach von einem "aufregenden Papier". Der Wille der Synode, an dem Reformthema dranzubleiben, sei groß, folgerte sie.

Bei dem Zukunftskongress in Wittenberg, bei dem Ende Januar das Reformpapier mit rund 300 Kirchenleuten und Experten erörtert werden soll, werden die EKD-Synodalen in stattlicher Zahl mit von der Partie sein. Und manches spricht dafür, dass sich das Kirchenparlament bei seiner Tagung in Dresden im November 2007 abermals mit dem Zukunftspapier befassen wird.

08. November 2006

Zukunftskongress "Kirche der Freiheit"

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