EKD-Ratsvorsitzender Huber warnt vor Aushöhlung des Sonntagsschutzes

Würzburg (epd). Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, hat die Pläne einiger Bundesländer zur Ausweitung der Zahl verkaufsoffener Sonntage gerügt. Die evangelische Kirche trete einer solchen Entwicklung klar und unzweideutig entgegen, sagte der Berliner Bischof am Sonntag zum Auftakt der EKD-Synode in Würzburg. Eine derartige Aushöhlung des Sonntagsschutzes samt Nivellierung der Adventszeit fördere eine "religionslose, ja atheistische Einstellung".

Huber legte vor dem Kirchenparlament seinen Rechenschaftsbericht mit dem Titel "Mit Würde begabt - zur Freiheit berufen" vor. Darin bezog er sich auf Initiativen der Länder Berlin, Brandenburg und Sachsen, die den Verkauf an allen oder einigen Adventssonntagen freigeben wollen. "Wir wollen nicht zulassen, dass das Menschenbild in unserer Gesellschaft auf Konsumentengröße gestutzt wird", mahnte der EKD-Ratsvorsitzende. Der Sonntag sei als Tag des Gottesdienstes, der Muße und der Besinnung zu erhalten. Die Adventssonntage seien "notwendige Ruhepunkte in einer von Unruhe geprägten Zeit".

Neben den erweiterten Einkaufsmöglichkeiten für Verbraucher müssten auch die Interessen der Beschäftigten im Handel beachtet werden, forderte Huber. Von ihnen werde verlangt, dass sie in der Adventszeit rund um die Uhr im Einsatz seien. Die Aufforderung zu noch mehr Konsum wirke angesichts einer wachsenden Zahl armer Menschen geradezu zynisch.

Mit Blick auf das Synoden-Schwerpunktthema Armut und Reichtum warnte der Ratsvorsitzende davor, die Menschen am Rande der Gesellschaft abzuschreiben. Es dürfe nicht zwischen Menschen erster und zweiter Klasse unterschieden werden, sagte er angesichts der "Unterschicht"-Debatte. Ein derartiges "Zwei-Klassen-Menschenbild" missachte die gleiche Würde aller Menschen: "Damit finden wir uns nicht ab", betonte der Bischof.

Es gehöre zur Freiheit und Würde jedes Menschen, die Chance zu haben, durch eigenes Bemühen Arbeit und Bildung zu erlangen. Die "Unterschicht"-Debatte lenke von der Aufgabe ab, gerade Menschen in sozial eingeschränkter Lage den Zugang zu Arbeits- und Lebensmöglichkeiten zu eröffnen: "Nur eine Gesellschaft, die Beteiligungsgerechtigkeit als Wert anerkennt, kann den Teufelskreis von Armut und Abhängigkeit durchbrechen."

Huber appellierte ferner an den Bundestag, den Spätabtreibungen ein Ende zu machen. Eine mögliche Behinderung oder Erkrankung eines ungeborenen Kindes stelle keinen Grund für eine medizinische Indikation dar. Es müsse verhindert werden, dass lebensfähige Kinder abgetrieben werden, sagte der Ratsvorsitzende. Das Parlament müsse diese Frage in einem möglichst breiten Konsens lösen.

Zudem bekräftigte Huber die Forderung nach einer gesetzlichen Regelung von Patientenverfügungen. Es komme darauf an, der Willensäußerung eines kranken Menschen gerecht zu werden, aber auch die Verpflichtung zur Fürsorge für ihn zu achten. Dabei gebe es "eine klare Grenzziehung zum ärztlich assistierten Suizid sowie zur Tötung auf Verlangen". Beides sei ethisch und rechtlich nicht zu rechtfertigen und könne auch durch eine Patientenverfügung nicht legitimiert werden, sagte Huber mit Blick auf Stellungnahmen des Nationalen Ethikrates und des Deutschen Juristentages.

Die EKD-Synode war am Vormittag mit einem Gottesdienst in Würzburg eröffnet worden. Die Tagung endet am Donnerstag. Die 120 Synodalen repräsentieren rund 25,6 Millionen Protestanten in 23 evangelischen Landeskirchen.

05. November 2006

Der mündliche Bericht des EKD-Ratsvorsitzenden vor der Synode in Würzburg

EKD-Pressemitteilung "Mit Würde begabt – zur Freiheit berufen"

Weitere Informationen über die 5. Tagung der 10. EKD-Synode in Würzburg