Einfacher eintreten - Mit Eintrittsstellen baut die evangelische Kirche Hürden für neue Mitglieder ab

Von Rainer Clos (epd)

Frankfurt a.M./Düsseldorf (epd). Die evangelische Kirche will wieder wachsen - gegen den Trend sinkender Mitgliederzahlen. Dieser Tenor findet sich in dem im Juli veröffentlichten Impulspapier "Kirche der Freiheit", mit dem die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) auf das wachsende Interesse an Religion und Glaube reagiert. Bei der Mitgliedergewinnung werden seit einiger Zeit neue Wege beschritten. In immer mehr Kirchengemeinden gibt es spezielle Eintrittsstellen. Anfänglich entstanden sie vor allem in Großstädten, mittlerweile sind auch in ländlichen Gebieten solche Anlaufstellen eröffnet worden.

Bis zu 130 solche Stellen gibt es mittlerweile im Bereich der EKD, sagt Oberkirchenrat Rolf Sturm vom EKD-Kirchenamt in Hannover. Dabei handele es sich um eine "Erfolgsgeschichte". Daneben haben Kirchenkreise oder Landeskirchen Eintrittskampagnen gestartet. Um den Erfahrungsaustausch mit den Wieder- und Neueintritten in der evangelischen Kirche geht es bei einem Symposium an diesem Donnerstag, das unter dem Motto "Einfach eintreten"?!" in Düsseldorf stattfindet.

Der Mitgliederverlust geht seit Jahren zurück, im Jahr 2004 traten 141.000 Menschen aus der evangelischen Kirche aus. Bei den Eintrittszahlen gebe es in den vergangenen Jahren eine leichte Tendenz nach oben, so EKD-Theologe Sturm. Insgesamt traten im Jahr 2004 knapp 62.000 Menschen in die evangelische Kirche ein, darunter waren mehr als 25.800 Wiedereintritte. Hinzu kommen rund 22.000 Erwachsenentaufen, mehr als 9.000 Übertritte von Katholiken und Beitritte von etwa 3.700 Menschen, die zuvor anderen christlichen Gemeinschaften angehörten. Steigende Eintrittszahlen melden einzelne Landeskirchen auch für 2005, so etwa Baden und Hessen-Nassau.

Zu diesem Trend trägt bei, dass die Rückkehr in die Kirche vereinfacht wurde. So gibt es in der EKD und den 23 Landeskirchen seit zwei Jahren eine Regelung, wonach der Wiedereintritt nicht auf jeden Fall bei der örtlichen Kirchengemeinde erfolgen muss, sondern man in besonderen Eintrittstellen über frühere Grenzen von Landeskirchen hinweg Mitglied werden kann: ein Eintritt in Hamburg wird auch in München anerkannt.

Mit diesem vereinfachten Verfahren entfielen zugleich Hürden, die in der Vergangenheit manchen vom Kircheneintritt abhielten. Bis in die 1950er Jahre setzte in manchen Landeskirchen der Wiedereintritt eine öffentliche Bußhandlung und eine Wartezeit voraus, in der Eintrittswillige zum regelmäßigen Gottesdienstbesuch angehalten waren.

Im pfälzischen Ludwigshafen ist die Wiedereintrittsstelle im Glasanbau des Lutherturms untergebracht. Hier kann man unbürokratisch nach einem Gespräch wieder Kirchenmitglied werden, erläutert Pfarrer Stefan Bauer. Seit dem Start der Eintrittskampagne "Dazugehören" im Advent 2005 hat er 50 Kircheneintritte gezählt. Zudem gab es zwei Erwachsenentaufen und fünf Übertritte. Parallel verzeichneten die Kirchengemeinden in Ludwigshafen eine Zunahme der Kircheneintritte.

Die meisten Eintritte seien eine Mischung aus spontanem Entschluss und gereifter Entscheidung, so die Erfahrung von Pfarrer Bauer aus seinen Gesprächen. In wenigen Fällen waren es berufliche Gründe oder ein Patenamt, das zur Rückkehr in die Kirche veranlasste. Hauptmotiv sei in den meisten Fällen allerdings der Wunsch, wieder dazu gehören zu wollen.

Bestätigt wird dieser Befund in einer Studie, bei der im Auftrag der badischen Landeskirche die Motive für einen Kircheneintritt ermittelt wurden. Danach überwiegt bei Wiederaufnahmen der Wunsch, die Lebensbilanz in Ordnung zu bringen und heimzukehren.

01. November 2006

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