EKD erwartet von Unifil-Einsatz Beitrag zu dauerhafter Nahost-Friedenslösung

Bischof Huber wirbt in Beirut für Verständigung

Beirut (epd). Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, erhofft sich von dem Einsatz der deutschen Marine vor der libanesischen Küste einen Beitrag zu einer dauerhaften Nahost-Friedenslösung. Die Unifil-Mission schaffe eine Vorbedingung zum Frieden in der Region, sagte Huber am Sonntag in Beirut. Das Ziel des deutschen Nahost-Engagements sei es, Brücken zwischen den verfeindeten Lagern zu bauen.

Die Bundesmarine übernahm am Sonntag im Rahmen der Unifil-Mission der Vereinten Nationen die militärische Führung des internationalen Flottenverbandes vor der libanesischen Küste. Nach einem Gespräch mit dem libanesischen Ministerpräsidenten Fuad Siniora in Beirut hatte Huber berichtet, Siniora habe für die deutsche Beteiligung an der UN-Mission große Dankbarkeit geäußert.

Dagegen kritisierte das geistliche Oberhaupt der Schiiten im Libanon, Scheich Abdel Amir Kabalan, den Einsatz der Bundesmarine. Er akzeptiere nicht, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) öffentlich den Schutz Israels für den Unifil-Einsatz in den Vordergrund gestellt habe, sagte der islamische Geistliche am Sonntag im Gespräch mit dem Berliner Bischof.

Huber hob hervor, dass im Nahostkonflikt die Rolle der Kirchen vor allem darin bestehe, für Vertrauen und gegenseitiges Verständnis zu werben: "Von beiden Seiten ist ein Neubeginn nötig", forderte der EKD-Ratsvorsitzende. Die Situation sei gekennzeichnet durch ein vielschichtiges Misstrauen. Die Staaten in der Region müssten ihr gegenseitiges Existenzrecht anerkennen. Dies betreffe den Libanon ebenso wie Israel.

Frieden in Nahost könne auf Dauer nicht mit militärischen Mitteln geschaffen werden, sagte Huber. Er unterstrich, dass zur Beilegung des Nahost-Konfliktes das Palästina-Problem gelöst werden müsse. "Es gibt keine Alternative zur israelisch-palästinensischen Zwei-Staaten-Lösung", sagte der EKD-Ratsvorsitzende. Er kündigte eine Reise des Rates der EKD im Frühjahr 2007 nach Israel und in die palästinensischen Gebiete an.

Der höchste Vertreter der deutschen Protestanten äußerte sich nach der Besichtigung kriegszerstörter Vororte Beiruts bestürzt über die Schäden. Es sei offensichtlich, dass die gegenseitigen Angriffe nicht die hinter diesem Konflikt liegenden Probleme lösen. "Gewalt löst nie Probleme." Das gegenseitige Misstrauen müsse in Vertrauen verwandelt werden. Die Rolle Deutschlands sei nun, Brücken zu beiden Konfliktparteien zu bauen, damit diese untereinander einen Brückenschlag vollziehen könnten.

Das Oberhaupt der armenisch-orthodoxen Christen im Libanon, Aram I., sagte, dass Deutschland das einzige Land sei, das als Vermittler von allen Seiten akzeptiert werde. Frankreich und die USA hätten dagegen für die jeweiligen Konfliktseiten klare Positionen bezogen. In ihrem Nahost-Engagement dürften Frankreich und die USA daher von Deutschland nicht allein gelassen werden.

Am Sonntagabend stand in Beirut die Feier zum 150-jährigen Bestehen der deutschen evangelischen Gemeinde in Beirut auf dem Programm. In seiner Predigt dankte Bischof Huber für das Engagement der Gemeinde in den Kriegswochen. Die Gemeinde hatte einen wichtigen Anteil an der Evakuierung von rund 6.200 Deutschen aus dem Libanon. Huber hob das Friedensengagement der deutschen Protestanten in Beirut hervor. "Hier im Nahen Osten kann man spüren, wie notwendig es ist, für einen Frieden zu arbeiten, der auf wechselseitigem Respekt beruht und dadurch Misstrauen überwindet", sagte der Berliner Bischof.

16. Oktober 2006


"Christliche Unternehmungen im Heiligen Lande unterstützen"

Nach Wochen des Krieges feiert deutsche Gemeinde in Beirut ihr 150- jähriges Bestehen

Von Thomas Schiller (epd)

Beirut (epd). Der Staub des Krieges liegt in Beiruts südlichen Vororten noch in der Luft. In den besonders stark zerbombten Quartieren sind die Aufräumarbeiten im vollen Gang. Bagger und Lastwagen räumen den Schutt von Trümmergrundstücken und aus tiefen Kratern. Mit tödlicher Präzision hatten im Juli und August israelische Bomben gezielt diejenigen Häuser zerstört, in denen Hisbollah-Kämpfer vermutet wurden. Andere Stadtviertel wurden gänzlich verschont, das Leben geht hier weiter wie immer.

Die deutschen Protestanten im Libanon hat der Krieg nicht davon abgehalten, in diesen Tagen zu feiern: Vor 150 Jahren wurde die deutsche evangelische Gemeinde in Beirut gegründet. "Wir hatten erst überlegt, das Fest abzusagen", sagt Pfarrer Uwe Weltzien. "Wir haben für unsere Arbeit während des Krieges so viel Ermutigung und Solidarität erfahren. Das hat uns bestärkt, zu feiern."

Erst seit wenigen Tagen ist in das Gemeindehaus wieder so etwas wie Normalität eingekehrt. In den Wochen der israelischen Luftangriffe platzte das Gebäude in der Rue Mansour Jurdak aus allen Nähten. Überall waren Flüchtlinge untergebracht, zum Teil Kinder ohne Eltern. Ein Dutzend Gemeindeglieder organisierte eine Telefon-Hotline, leistete Telefonseelsorge, spendete Trost und half Hunderten, die so schnell wie möglich das Land verlassen wollten. Weltzien verhandelte mit Botschaft und Behörden, schlichtete Streit, begleitete als Notfall-Seelsorger einen Treck mit 2.000 Menschen in Richtung Damaskus.

Schließlich reiste auch seine Frau Friederike, mit der er sich die Pfarrstelle teilt, mit dem fünfjährigen Sohn nach Deutschland. Am Tag der Wiedereröffnung des Flughafens kam sie mit der ersten Air-France-Maschine zu ihrem Mann zurück, der die ganze Zeit in Beirut geblieben war. "Viele sind aber noch nicht wieder da", berichtet die Theologin. Vor dem Krieg hatte die Gemeinde 130 Mitglieder, eine aktuelle Zahl gibt es nicht, und manch ein Rückkehrer ist nur noch gekommen, um endgültig Abschied von Beirut zu nehmen.

Der jüngste Krieg war der vorerst letzte in einer Geschichte von Krisen, die die deutsche Gemeinde in eineinhalb Jahrhunderten durchlebt hat. 1856 war Pastor Kraemer vom Berliner Jerusalem-Verein und vom Gustav-Adolf-Verein als erster Pfarrer zu den Protestanten in Beirut entsandt worden. Unterstützung kam vom Evangelischen Oberkirchenrat des Königreichs Preußen. Beirut sollte ein Stützpunkt sein, "die christlichen Unternehmungen im Heiligen Lande zu unterstützen und zu mehren", heißt es in der Gemeindechronik.

Die Gemeinde bestand damals aus Franzosen und Deutschen, Kraemer predigte in französischer Sprache. Für den jungen Theologen war der Einsatz in der Stadt, die damals noch zum osmanischen Reich gehörte, eine Grenzerfahrung: "Ich fühlte mich recht unwürdig und ungeschickt zu dem Amte", schrieb er. Dennoch schaffte er es, die Gemeinde aufzubauen und ein "geordnetes Schulwesen für die Evangelischen in Beirut" zu organisieren. Die Kinder unterrichtete der Pfarrer selbst.

Nach dem Ersten Weltkrieg kam die Aufspaltung in eine deutsche und eine französische Gemeinde. Wegen der großen Nähe der Beiruter Protestanten zum NS-Staat konnte die Gemeinde erst wieder Mitte der 50er Jahre ihre Arbeit aufnehmen. Seit 1955 ist wieder ein deutschsprachiger Pfarrer in der libanesischen Hauptstadt.

In den Jahren des Bürgerkriegs von 1975 bis 1989 waren hauptsächlich Seelsorger aus der Schweiz in der Gemeinde tätig. Die heutigen Gemeindeglieder haben zum Teil schon seit Generationen familiäre Wurzeln im Libanon, einige sind mit Libanesen verheiratet. "Entsandte Mitarbeiter deutscher Firmen gibt es derzeit in Beirut kaum", berichtet Pfarrerin Weltzien.

Zum Jubiläum ist am Wochenende der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Wolfgang Huber, gekommen. In seiner Festpredigt dankte er noch einmal ausdrücklich für das Engagement der Gemeinde in den Kriegswochen dieses Sommers und für das Friedensengagement der Protestanten in Beirut. "Hier im Nahen Osten kann man spüren, wie notwendig es ist, für einen Frieden zu arbeiten, der auf wechselseitigem Respekt beruht und dadurch Misstrauen überwindet", sagte der Berliner Bischof. "Wer Frieden will, muss mehr im Blick haben als den eigenen Vorteil."

16. Oktober 2006


Huber: Unifil-Einsatz im Libanon schafft Vorbedingung für Frieden

Beirut (epd). Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, erhofft sich von dem Einsatz der deutschen Marine vor der libanesischen Küste einen Beitrag zu einer dauerhaften Friedenslösung. "Der Unifil-Einsatz schafft eine Vorbedingung zum Frieden in der Region", sagt Huber am Sonntag in Beirut. Dort übernimmt die deutsche Marine das Kommando über den internationalen Flottenverband zur Seeüberwachung der libanesischen Küste.

Huber sagte nach der Besichtigung kriegszerstörter Vororte Beiruts, es sei offensichtlich, dass die gegenseitigen Angriffe nicht die Probleme gelöst hätten, die die Grundlage des Konfliktes seien. "Gewalt löst nie Probleme", sagte der Berliner Bischof. Das gegenseitige Misstrauen müsse in Vertrauen verwandelt werden. Die Rolle Deutschlands bestehe nun darin, Brücken zu beiden Konfliktparteien zu bauen, damit diese untereinander einen Brückenschlag vollziehen könnten.

Der EKD-Ratsvorsitzende unterstrich, dass zur Beilegung des Nahost-Konflikts das Palästina-Problem gelöst werden müsse. "Es gibt keine Alternative zur Zwei-Staaten-Lösung", sagte Huber Er kündigte eine Reise des Rats der EKD im Frühjahr 2007 nach Israel und in die palästinensischen Gebiete an.

Huber warnte davor, Spannungen zwischen Muslimen und Christen wie sie beispielsweise im Karikaturenstreit und durch die Papst-Äußerungen ausgelöst wurden, zu missbrauchen, um eine Atmosphäre des Hasses zu schüren. "Wir dürfen nicht in die Falle laufen, von einem Konflikt zwischen den Kulturen zu sprechen", sagte Huber. Es sei wichtig, Sensibilität im Umgang mit religiösen Gefühlen anderer zu entwickeln.

16. Oktober 2006


Huber bei Siniora: Deutsches Nahost-Engagement soll Brücken haben

Beirut (epd). Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) sieht als Ziel des deutschen Nahost-Engagements, Brücken zwischen den verfeindeten Lagern zu bauen. Das sagte der EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber am Samstag nach einem Gespräch mit dem libanesischen Ministerpräsidenten Fuad Siniora in Beirut.

Siniora habe für die deutsche Beteiligung an der UN-Mission große Dankbarkeit geäußert, sagte Huber dem epd. Die deutsche Marine übernimmt an diesem Sonntag die militärische Führung der Seeüberwachung der libanesischen Küste. Zudem sind deutsche Experten bei der Grenzsicherung eingesetzt.

Die Rolle der Kirchen im Nahost-Friedensprozess sei es, für Vertrauen und gegenseitiges Verständnis zu werben: "Von beiden Seiten ist ein Neubeginn nötig", sagte der EKD-Ratsvorsitzende. Die Situation sei gekennzeichnet durch ein vielschichtiges Misstrauen. Die Staaten in der Region müssten ihr gegenseitiges Existenzrecht anerkennen. Dies betreffe den Libanon ebenso wie Israel. Frieden in Nahost könne auf Dauer nicht mit militärischen Mitteln geschaffen werden.

Das Oberhaupt der armenisch-orthodoxen Christen im Libanon, Aram I., sagte, Deutschland sei das einzige Land, das als Vermittler von allen Seiten akzeptiert werde. Frankreich und die USA hätten dagegen klare Positionen für die jeweiligen Konfliktseiten bezogen. In ihrem Nahost-Engagement dürften Frankreich und die USA daher von Deutschland nicht allein gelassen werden.

Huber hält sich anlässlich des 150-jährigen Bestehens der deutschen evangelischen Gemeinde in Beirut auf. Im Rahmen dieses Besuchs führt er Gespräche mit politischen und religiösen Repräsentanten im Libanon. Die evangelische Gemeinde in Beirut hatte während der israelischen Angriffe im Sommer einen großen Beitrag zur Rückführung von 6.200 deutschen Flüchtlingen in ihre Heimat geleistet.

16. Oktober 2006

Weitere epd-Meldungen