Bischof Koppe: Globalisierung wird Zukunftsthema des ÖRK

Genf (epd). Die Globalisierung wird nach Ansicht des bisherigen Auslandsbischofs der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Rolf Koppe, eines der großen Zukunftsthemen des Weltkirchenrates. Der Ost-West-Konflikt oder das Apartheidregime in Südafrika seien Vergangenheit, sagte Koppe am Dienstag dem epd am Rande der Zentralausschuss-Sitzung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) in Genf. Auch der Dialog mit dem Islam sollte intensiviert werden.

Koppe (65) leitete seit 1993 die Hauptabteilung "Ökumene und Auslandsarbeit" im EKD-Kirchenamt. Sein Amt übernahm am 1. September Pfarrer Martin Schindehütte (56). Der ÖRK zählt weltweit rund 560 Millionen Christen in mehr als 340 Kirchen in über 100 Ländern.

Der ÖRK dürfe nicht nur die Auswüchse der Globalisierung kritisieren, sondern er müsse auch Vorschläge zur Verbesserung der wirtschaftlichen Lage der Armen formulieren, so Koppe. Und er sollte verstärkt einen Dialog auf Weltebene führen. Ein Anfang sei mit dem Beginn eines Dialogs mit der Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds gemacht. Dieser Austausch erfordere aber großen Sachverstand, anderenfalls verliere die Gegenseite schnell das Interesse.

Ein lohnendes Thema sind Koppe zufolge die Millenniumsziele der UN zur Bekämpfung der weltweiten Armut. Hier könne sich der Weltkirchenrat als Partner der Vereinten Nationen mit seiner Entwicklungsarbeit einbringen. Der ÖRK habe sich immer im vorpolitischen Raum engagiert, "er wirkte schon 1948 bei Formulierung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte mit".

Der ÖRK könne und wolle aber nicht selbst Politik machen, betonte Koppe: "Aber er kann einen Raum bieten für Dialog und Begegnung, er kann beraten und mahnen und die Stimme für die Stummen erheben - und so Politik möglich machen."

Zur finanziellen Situation des Weltkirchenrates sagte Koppe, die EKD zahle bislang rund 30 Prozent aller Mitgliedsbeiträge des Weltkirchenrates und sei damit immer noch der größte Beitragszahler. "Wir haben aber jetzt selbst weniger Geld, deshalb müssen wir langfristig unsere jährlichen Beiträge an den ÖRK von 1,2 Millionen Euro auf etwa die Hälfte reduzieren." Andere Kirchen, die wohlhabend geworden sind, müssten jetzt mehr geben. Koppe: "Das ist nur fair."

05. September 2006


Wortlaut des Interviews:

Koppe: "Weltkirchenrat muss weniger machen, aber besser"

Genf (epd). Der bisherige Auslandsbischof der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Rolf Koppe, hat dem Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) empfohlen, sich auf weniger Aufgaben zu konzentrieren. "Der Weltkirchenrat muss weniger machen als bisher, aber er muss es besser machen", sagte Koppe am Dienstag am Rande der Genfer Tagung des ÖRK-Zentralausschusses in einem epd-Interview. Mit Koppe sprach Jan-Dirk Herbermann:

epd: Besonders in Deutschland wird vor einem schleichenden Bedeutungsverlust des Weltkirchenrates gewarnt. Wenn Ja, wie kann die Stimme des ÖRK wieder lauter werden?

Koppe: Die großen Themen wie der Ost-West-Konflikt, der Kampf gegen die Militärdiktaturen in Südamerika und das Apartheidregime in Südafrika sind Vergangenheit. Der Weltkirchenrat muss sich neuen Themen zuwenden. Ein lohnendes Thema sind die Millenniumsziele der UN zur Bekämpfung der weltweiten Armut. Hier kann sich der ÖRK als Partner der UN mit seiner Entwicklungsarbeit einbringen.

Auch der Dialog mit dem Islam sollte stärker auf die Agenda rücken. Der Ökumenische Rat der Kirchen hat sich immer im vorpolitischen Raum engagiert, er wirkte schon 1948 bei Formulierung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte mit. Der ÖRK kann und will nicht selbst Politik machen. Aber er kann einen Raum bieten für Dialog und Begegnung, er kann beraten und mahnen und die Stimme für die Stummen erheben - und so Politik möglich machen.

epd: Welche Rolle sehen sie für die ökumenische Dachorganisation in der Debatte über die Folgen der Globalisierung?

Koppe: Der Weltkirchenrat darf nicht nur die Auswüchse der Globalisierung kritisieren, sondern er muss auch Vorschläge zur Verbesserung der wirtschaftlichen Lage der Armen formulieren. Und er sollte verstärkt einen Dialog auf Weltebene führen. Ein Anfang ist gemacht, der ÖRK hat einen Dialog mit der Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds begonnen. Dieser Austausch erfordert aber ein großes Maß an Sachverstand, anderenfalls verliert die Gegenseite schnell das Interesse.

epd: Sie fordern neue Betätigungsfelder für den Weltkirchenrat, gleichzeitig kürzt die EKD ihre Beiträge an den Rat.

Koppe: Ja, die EKD zahlt bislang rund 30 Prozent aller Mitgliedsbeiträge des ÖRK, sie ist immer noch größter Beitragszahler. Wir haben aber jetzt selbst weniger Geld, deshalb müssen wir langfristig unsere jährlichen Beiträge an den ÖRK von 1,2 Millionen Euro auf etwa die Hälfte reduzieren. Andere Kirchen, die wohlhabend geworden sind, müssen jetzt mehr geben. Das ist nur fair.

epd: Schwindet dann nicht der Einfluss der EKD auf internationaler Ebene?

Koppe: Die Zahl der protestantischen Christen in Deutschland und Europa nimmt ja nicht gerade zu, in Afrika und Asien hingegen steigt die Zahl. Deshalb wird es eine gewisse Verschiebung geben. Andererseits hat es die EKD selbst in der Hand sich konstruktiv in Genf einzubringen.

epd: Der ÖRK muss auch selber sparen. Kann er dann die neuen Aufgaben, die auch Sie fordern, noch wahrnehmen?

Koppe: Ja, das geht schon. Der Zentralausschuss arbeitet gerade daran. Der Weltkirchenrat muss weniger machen als bisher, aber er muss es besser machen. Und die Mitgliedskirchen sollten durch eine verstärkte Presse- und Informationsarbeit mehr davon hören.

05. September 2006

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