Vom Römischen Thronsaal zur Evangelischen Kirche

Konstantin-Basilika in Trier feiert Doppeljubiläum

Von Marlene Grund (epd)

Trier (epd). Die Konstantin-Basilika in Trier ist römisches Denkmal und Touristenmagnet, beliebter Ausstellungs- und Veranstaltungsort und evangelische Kirche. Wo heute der Altar steht, thronte früher Kaiser Konstantin (274-337), der mit der Anerkennung des Christentums die Grundlage für das christliche Abendland legte. Seine ehemalige Palastaula verwandelte sich in eine mittelalterliche Burg, war Teil einer Schlossanlage, Lazarett und Kaserne, bis sie vor exakt 150 Jahren zur "Evangelischen Kirche zum Erlöser" wurde. Genau 50 Jahre ist es zudem her, dass die Basilika nach dem Krieg ihre heutige Gestalt erhielt.

Die evangelische Kirchengemeinde Trier feiert das Doppeljubiläum vom 3. September bis zum 3. Oktober mit einem Festprogramm und einer Ausstellung zur Geschichte ihrer Kirche. Zwei Millionen Touristen besuchen jährlich den Sakralbau, der wie alle Denkmäler römischen Ursprungs in der Moselstadt seit 1986 zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört.

Der Kirchenraum ist feierlich und streng, schlicht und monumental. Keine Säulen, keine Statuen, keine Schnörkel, keine Schatten. Weiches Licht diffundiert durch die rhythmische Reihe der milchverglasten Rundbogenfenster, kahle Wände aus dunkelrotem Backstein verweisen auf vergangene Epochen. Der nördliche Apsisbogen der Basilika mit den Quermauern sowie die Westwand datieren aus dem 4. Jahrhundert, als Trier eine der wichtigsten Städte im römischen Reich war. "Das Gebäude atmet kaiserliche Macht", stellt der Trierer Pfarrer Ulrich Dann fest.

Mit dem Thronsaal des Kaisers Konstantin hat die heutige Kirche allerdings nur noch die gewaltigen Ausmaße gemein. Als der Imperator, der sich erst auf seinem Sterbebett taufen ließ, hier residierte, waren die Ziegel mit Marmor verkleidet, die hölzernen Kassetten der Decke vergoldet, der Fußboden ein Mosaik. Der Gegensatz zwischen der Monumentalität vergangener Zeit und der heutigen Zurückhaltung hat für Pfarrer Guido Hepke, Spezialist für die Geschichte und Baugeschichte der Basilika, eine geradezu programmatische Aussage: "In ihrer schlichten Form, die auf Prunk verzichtet, kommt die Basilika heute der Botschaft Jesu nahe".

In konstantinischer Tradition ließ der preußische König Friedrich Wilhelm IV., den ehemaligen Thronsaal in seiner ursprünglichen Dimension wiedererrichten und als frühchristliche Basilika in heidnisch-antikem Baustil umwandeln. Am 28. September 1856 übergab der Monarch der kleinen Trierer Gemeinde ihr gewaltiges Gotteshaus "auf ewige Zeiten". In Sichtweite des Trierer Doms präsentierte die "Evangelische Kirche zum Erlöser" geänderte Machtverhältnisse.

"Noch bis 1784 drohte jedem Protestanten der Kerker, wenn er sich mehr als drei Tage im erzkatholischen Trier aufhielt", berichtet Guido Hepke. Der Bau machte deutlich, dass nicht mehr der Bischof das Sagen hatte, sondern der preußische Verwaltungsstaat. Die klassizistische Architektur sollte zudem eine religiöse Botschaft übermitteln: dass die Evangelische Kirche genau wie die Schwesterkonfession in der Tradition der urchristlichen Gemeinde wurzelt.

90 Jahre später lag die Basilika in Schutt und Asche, nur noch die Außenmauern standen nach dem Krieg. Um die künftige Form der Kirche entbrannte ein erbitterter Streit, den erst der evangelische Bundespräsident Theodor Heuss löste, indem er sich für einen Wiederaufbau einsetzte. Bei dieser Rekonstruktion wurden jedoch alle Spuren des Spätklassizismus radikal getilgt - die Ästhetik des 19. Jahrhundert galt nach dem Krieg als Kitsch. Dominierend wurde eine Architektur, die Pfarrer Hepke "Ruinenromantik" nennt: Ein Rohbaustil, der heute noch dem Raum Atmosphäre und Spiritualität verleiht.

Doch der Monumentalbau hat seine Tücken: Ein sieben Sekunden langer Nachhall antwortet auf Orgel und Sprecher. "Jeder falsche Ton rächt sich", berichtet Hepke. Zwischen dem 1. Januar und Palmsonntag legt die Basilika zudem eine Zwangspause ein - in den Wintermonaten bringt die altmodische Fußbodenheizung die riesige Halle nicht auf erträgliche Temperaturen. "Das Heizsystem der Römer war da weitaus intelligenter", gibt Hepke zu.

Zum Doppeljubiläum gestatten sich Gemeinde und Denkmalschutz zumindest eine Korrektur am herrschenden minimalistischen Prinzip. In die Nischen hinter dem Altar werden die Köpfe von Christus und den Evangelisten wieder aufgestellt, im 19. Jahrhundert als Statuen vom Bildhauer Gustav Kaupert geschaffen. Beim Wiederaufbau 1953 war dieser Kunststil so wenig wertgeschätzt, dass Arbeiter die Marmorkörper als Bauschutt abtransportierten. Als Fragmente sollen die "Kaupert-Köpfe" künftig an jene erste Kirche erinnern, die im Zweiten Weltkrieg zur Geschichte wurde.

Informationen zum Festprogramm und zur Ausstellung mit Informationen zur Geschichte der Basilika

29. August 2006

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