Kirchendelegation bestürzt über Ausmaß der Zerstörungen im Libanon

Brüssel/Genf (epd). Eine hochrangige Kirchendelegation hat sich nach ihrer Rückkehr aus dem Nahen Osten bestürzt über das Ausmaß der Zerstörungen nach dem militärischen Konflikt im Libanon geäußert. Nicht die Aktionen der radikal-islamischen Hisbollah-Miliz, sondern der israelisch-palästinensische Konflikt sei die Ursache der aktuellen Krise, erklärte die ökumenische Delegation nach Angaben der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) vom Donnerstag in Brüssel. Neben der KEK wurde die Abordnung getragen vom Weltkirchenrat, dem Lutherischen Weltbund (LWB) sowie dem Reformierten Weltbund.

Wie die Delegation berichtete, verurteilten alle religiösen Führer in der Krisenregion jeglichen Einsatz von Gewalt zur Lösung der Probleme, einschließlich die von der Hisbollah ausgehenden Aktionen gegen Israel. Der ÖRK-Generalsekretär Samuel Kobia unterstützte diese Forderung. Der methodistische Pfarrer erklärte, nur eine friedliche und für alle Seiten gerechte Beilegung des Konfliktes zwischen Israel und den Palästinensern könne dem Nahen Osten Frieden und Sicherheit bringen. Kobia zeigte sich zugleich zuversichtlich: "Die Situation im Nahen Osten wandelt sich."

Die Pastoraldelegation bestand aus dem KEK-Präsidenten Jean-Arnold de Clermont, dem katholischen Erzbischof von Tours, Bernard-Nicolas Aubertin, sowie Marilia Alves-Schüller vom Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK). Sie besuchten vom 10. bis 15. August Beirut und Jersualem. Dabei hätten sie die christlichen Kirchen im Libanon, den palästinensischen Gebieten und Israel gebeten, ihre Hoffnungen und Erwartungen für die Zukunft der Region weiterzutragen.

Die drei Teilnehmer betonten nach Angaben von KEK und ÖRK, dass Repräsentanten zahlreicher Gemeinden im Libanon unterstrichen, die Zerstörungen in ihrem Land seien "mit Absicht und Planung" ausgeführt worden. Zugleich werde in der Region mit Sorge ein zunehmender Einfluss neo-konservativer Kräfte in der US-amerikanischen und israelischen Politik beobachtet. Kritisch aufgenommen wurde in diesem Zusammenhang eine Äußerung von US-Außenministerin Condoleezza Rice, die "Leiden im Libanon seien Geburtswehen eines neuen Nahen Osten".

In Jerusalem hätten sich hohe Vertreter aus Judentum und Islam besorgt darüber geäußert, dass die Militarisierung zunehmend das Denken im Nahen Osten bestimme. Sie forderten mehr Anstrengungen für eine Entmilitarisierung und eine Überwindung des Hasses in den Köpfen der Menschen.

Der Ökumenische Rat der Kirchen repräsentiert mehr als 560 Millionen Menschen aus nahezu allen christlichen Traditionen. Die römisch-katholische Kirche ist nicht Mitglied, arbeitet jedoch mit dem ÖRK zusammen. In der Konferenz Europäischer Kirchen sind über 100 protestantische, orthodoxe und anglikanische Kirchen verbunden. Dem Lutherischen Weltbund gehören rund 66 Millionen Menschen an, dem Reformierten Weltbund mehr als 75 Millionen.

17. August 2006

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