Nahost-Konflikt: Evangelische Gemeinden nehmen Flüchtlinge auf

Jerusalem/Bethlehem (epd). Flüchtlinge aus dem von Raketeneinschlägen bedrohten Norden Israels finden Schutz in evangelischen Gemeinden in Jerusalem und im Westjordanland. Das Gästehaus der deutschsprachigen evangelischen Gemeinde in Jerusalem beherberge jetzt eine Gruppe jugendlicher Behinderter aus der Nähe von Haifa, sagte der Propst der Gemeinde, Pfarrer Uwe Gräbe, am Mittwoch in Jerusalem dem epd. Immer mehr Kirchen und Gemeinden in der Region würden ihre Gästehäuser zu vergünstigten Preisen oder kostenlos zur Verfügung stellen.

Die evangelische Gemeinde in Beit Dschala im Westjordanland bietet seit Dienstag rund 20 arabischen Israelis aus Nordisrael Asyl. Um die Flüchtlingsfamilien aufzunehmen, seien die Mitarbeiter des Gästehauses "Abrahams Herberge" aus den Betriebsferien geholt worden, erklärte Pfarrer Dschadallah Schihadeh in Beit Dschala bei Bethlehem dem epd. "Die Flüchtlinge sind traumatisiert, vor allem die Kinder stehen unter Schock", berichtete der Theologe. Die Unterbringung wird vom Nordelbischen Missionszentrum finanziert.

Im Norden Israels seien die Menschen durch die anhaltenden Angriffe zermürbt, beobachtet Gräbe, der die Menschen in dieser Region regelmäßig besucht. "Unter ständigem Luftschutzalarm ist es nur schwer möglich, noch ein normales Leben zu führen", berichtet der Theologe.

In der Region um Jerusalem und Bethlehem nehme deshalb der Strom an Flüchtlingen zu, erklären die Pfarrer vor Ort. "Ich rechne damit, dass noch mehr in unsere Einrichtung kommen werden", sagte Schihadeh. Besonders die arabischstämmigen Israelis im Norden fühlten sich von der israelischen Regierung nur ungenügend versorgt. Das Nordelbische Missionswerk schätzt die Zahl der Menschen, die bislang in den Süden des Landes geflohen sind, auf mehr als 250.000.

Die evangelischen Pfarrer appellieren an Reise- und Gemeindegruppen, weiterhin Israel zu besuchen. Von den Auseinandersetzungen sei lediglich der Norden des Landes betroffen. Für viele Gemeinden sei die Vermietung der Gästehäuser eine wichtige Einnahmequelle. Durch massenhafte Stornierungen breche jetzt vieles zusammen. Gräbe rief Christen in Deutschland dazu auf, Gemeinden und Hilfsinitiativen in ihrer Flüchtlingsarbeit zu unterstützen.

10. August 2006

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