Präses Schneider: Israelische Angriffe unverhältnismäßig

Skepsis über Beteiligung deutscher Soldaten an UN-Schutztruppe

Düsseldorf (epd). Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Nikolaus Schneider, hat die israelischen Angriffe im Libanon als unverhältnismäßig kritisiert. "Die zivile Infrastruktur des Libanon wird bis weit ins Land hinein zerstört, es gibt viele Todesopfer", beklagte Schneider in einem epd-Interview in Düsseldorf. "Ein solches Vorgehen ist nicht gerechtfertigt." Es müsse alles Menschenmögliche getan werden, um andere als militärische Lösungen für den Konflikt zu finden

Zugleich äußerte der Theologe und Sozialethiker Verständnis für die israelische Reaktion. Der Konflikt sei von den radikalislamischen Organisationen Hisbollah und Hamas "bewusst losgetreten" worden. "Und man muss sehen, dass der Iran, Syrien und die Hisbollah Israel nach wie vor das Lebensrecht absprechen", betonte Schneider, der auch dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) angehört. Diese Vernichtungsdrohung werde von Juden nach der Erfahrung des Holocaust sehr ernst genommen. Die Hisbollah setze zudem die Bevölkerung als Schutzschild ein.

Schneider zeigte sich gleichwohl betrübt, "dass Israel so sehr auf Gewalt setzt". Es sei "ernüchternd, dass die Falken mit ihrer gewaltorientierten Politik gegenwärtig in Israel die Oberhand gewinnen". Die militärische Reaktion auf die Provokationen der Hisbollah-Miliz spiele den Gewalttätern in die Hand, treibe die verschiedenen Lager auf arabischer Seite zusammen und schüre ihren Hass auf Israel, sagte der oberste Repräsentant von knapp drei Millionen Protestanten zwischen Niederrhein und Saar.

Skeptisch äußerte sich Schneider im epd-Interview zu einer möglichen Beteiligung deutscher Soldaten an einer UN-Schutztruppe im Südlibanon. "Ich mag mir deutsche Soldaten, die in die Situation kommen, auch auf Israelis schießen zu müssen, nicht vorstellen", sagte er. Das gelte auch, wenn Israel einer deutschen Beteiligung an der Truppe zustimme.

04. August 2006

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