Spitzengespräch von Kirche, Politik und Wirtschaft

Stuttgart (epd). Spitzenvertreter aus Kirche, Politik und Wirtschaft haben eine verstärkte Zusammenarbeit als Antwort auf die gesellschaftlichen Herausforderungen befürwortet. Bei einem "Spitzengespräch" diskutierten der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU), der Vorstandsvorsitzende von Daimler-Chrysler, Dieter Zetsche, und der württembergische evangelische Landesbischof Frank Otfried July am Donnerstagabend vor rund 600 Zuhörern in der Stuttgarter Leonhardskirche. Veranstalter waren die Evangelische Akademie Bad Boll und der Arbeitskreis Evangelischer Unternehmer.

"Die Zukunft können wir nur gemeinsam gewinnen", sagte Konzernchef Zetsche und forderte, "unsere Gesellschaft im Dialog zu entwickeln". Die Kooperation von Kirche und Unternehmen sei "wesentlicher Bestandteil des gesamten gesellschaftlichen Gewebes". Gemeinsam sollten Entscheidungsträger aus unterschiedlichen Bereichen überlegen, wie sich "exemplarisch" kirchliche Erfahrung sowie staatliches und wirtschaftliches Handeln verbinden ließen, empfahl Landesbischof July bei einer Veranstaltung zum Thema "Gesellschaft gestalten in schwieriger Zeit".

"Wohlstand wächst nicht auf Bäumen, er muss erwirtschaftet werden", betonte Zetsche. Nur wer finanzielle Mittel zur Verfügung habe, könne auch verantwortlich handeln. Unternehmen, die nicht profitabel arbeiteten, seien unsozial. Zetsche verteidigte deshalb auch den Stellenabbau bei Daimler-Chrysler. Dieser sei notwendig, um die Mehrheit der Arbeitsplätze zu sichern.

Bischof July sieht die Aufgabe der Kirche unter anderem auch darin, Anwalt derjenigen zu sein, "die im Wettbewerbssystem unter die Räder kommen und keine Sprache haben". Arbeitsplatzabbau wie aktuell bei Daimler-Chrysler erlebten die Betroffenen eben nicht als "Strukturanpassung", sondern als Bruch ihrer Lebensbiografie. Die Kirchen müssten deshalb immer wieder auf "Lücken in Gerechtigkeit und Barmherzigkeit" hinweisen.

Zetsche nannte als drängendstes Problem die Situation auf dem Arbeitsmarkt. Ministerpräsident Oettinger forderte mehr Generationengerechtigkeit und sprach sich dafür aus, verstärkt in Bildung zu investieren. "Wir müssen alles dafür tun, dass unsere Kinder die gleichen ökonomischen Grundlagen haben wie wir", betonte Oettinger. Dabei gebe es bereits Bereiche, in denen Kirche und Staat gemeinsam tätig seien, "zum Beispiel bei der Bildung, Ausbildung und Betreuung von Kindern". Kirche, Politik und Wirtschaft müssten zum Beispiel in der Entwicklungshilfe für Afrika gemeinsam Konzepte entwickeln, sagte der Stuttgarter Regierungschef.


28. Juli 2006

 

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