Bischof Huber kritisiert Ethikrat in Sterbehilfe-Debatte

EKD-Ratsvorsitzender: Konsens über ärztliches Ethos in Gefahr

Hannover (epd). Der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, hat die Stellungnahme des Nationalen Ethikrates zur Sterbebegleitung kritisiert. "Das partielle Ja zur ärztlichen Suizidbeihilfe und zur ärztlichen Mitwirkung bei der Tötung auf Verlangen stellt den in Deutschland bestehenden Konsens über das ärztliche Ethos in Frage", erklärte der Berliner Bischof am Donnerstag in Hannover.

Es sei "verhängnisvoll", dass der Ethikrat im Blick auf die Beihilfe zum Suizid und die Tötung auf Verlangen nicht zu klareren Ergebnissen komme. Huber rief die Ärzte auf, an ihrem Ethos der Fürsorge für das Leben festzuhalten. Dies sei die Grundlage für das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient. Der Berliner Bischof war bis zu seiner Wahl zum EKD-Ratsvorsitzenden im Jahr 2003 selbst Mitglied des Nationalen Ethikrates.

Zwar gebe es im Ethikrat einen Konsens darüber, dass das strafrechtliche Verbot der Tötung auf Verlangen beibehalten werden soll. Dieser Konsens stehe aber auf einer "erschreckend schmalen argumentativen Basis". Die Euthanasieverbrechen des Naziregimes dürften auch nicht das einzige Argument für ein rechtliches Verbot der Tötung auf Verlangen sein. Man müsse hier nicht nur von einer politischen, sondern auch von einer "moralischen Rücksicht" sprechen.

Huber kritisierte weiter, dass der Nationale Ethikrat in wichtigen Fragen nicht zu einem gemeinsamen Urteil komme. Das Gremium stelle unterschiedliche Argumentationen nebeneinander, bemängelte er. Das lasse sich grundsätzlich zwar nicht vermeiden: "Doch jetzt ist die Zerfaserung der Positionen so weit fortgeschritten, dass der Wille zu einem gemeinsamen Urteil kaum noch zu erkennen ist." Er sehe die Gefahr, dass unklare Äußerungen in der Sterbehilfe-Debatte "zu einem Selbstbedienungsladen unterschiedlicher Positionen" führen.

Zugleich würdigte Huber, dass der Nationale Ethikrat die Probleme der gängigen Begriffe der "aktiven", "passiven" und "indirekten Sterbehilfe" darlegt. Er begrüßte den Vorschlag, stattdessen von Sterbebegleitung, Therapie am Lebensende, Sterbenlassen, Beihilfe zur Selbsttötung und Tötung auf Verlangen zu sprechen. Wichtig sei zudem, dass der Rat auf Defizite in der palliativmedizinischen Versorgung oder in der notwendigen Aus- und Fortbildung von Ärzten und Pflegekräften für den Umgang mit Sterbenden aufmerksam macht.

13. Juli 2006

Weitere epd-Meldungen