Lotse der Ökumene - Reinhard Frieling wird 70 Jahre alt

Von Stephan Cezanne (epd)

Bensheim (epd). Reinhard Frieling gibt seit mehr als 30 Jahren Orientierung im Dschungel der Kirchen und Konfessionen. Nationale und internationale Ökumene-Texte prägte er maßgeblich mit. Fast 20 Jahre lang leitete Frieling das Konfessionskundliche Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) im südhessischen Bensheim. Kollegen bescheinigen ihm einen "aus einem glücklichen Naturell geborenen Optimismus" und "ökumenische Unverdrossenheit". Am 15. Juni wird er 70 Jahre alt.

Der gebürtige Dortmunder gehört zu den Autoren der 2001 in Straßburg verabschiedeten "Charta Oecumenica" der Kirchen Europas, einem der wichtigsten Dokumente der jüngsten europäischen Kirchengeschichte. In einer Zeit der Rückschläge und Stagnation in der Ökumene gebe es nur zwei Wege. Der erste ist, "selbstgenügsam als Konfession für sich allein" zu leben. Christen könnten aber auch versuchen, so viel wie möglich gemeinsam zu machen, so Frieling: "Die Charta Oecumenica wählt diesen zweiten Weg."

Den Ruf als "Motor" bei ökumenischen Konferenzen und evangelischen Synoden erwarb er sich im Laufe seiner kirchlichen Karriere vom Kindergottesdiensthelfer bis zum Theologieprofessor in Marburg. Einen Namen machte sich der Pfarrer in den 1980er Jahren vor allem mit seinen Studien über die Befreiungstheologie - die Frucht von mehrmonatigen Studienreisen nach Südamerika.

Frieling gilt als agiler Vermittler und nüchterner Realist. Als Delegierter der EKD nahm er seit 1968 an den etwa alle sieben Jahren stattfindenden Vollversammlungen des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) teil - zuletzt im Februar dieses Jahres im brasilianischen Porto Alegre.

Die Entwicklung des Weltkirchenrates begleitet er zurzeit mit Sorge. Zum ÖRK gebe es zwar keine realistische Alternative. Frieling: "Aber wenn er weiter so arbeitet wie vor und in Porto Alegre, verliert er zunehmend an Bedeutung." Der Dachverband von mehr als 340 Kirchen in über 100 Ländern müsse zwar weiter die Stimme der Armen und Benachteiligten der Welt sein. Nötig sei aber auch der Dialog mit Experten über eine gerechte Weltwirtschaftsordnung. Dies sei bisher unterblieben.

Sein Lebensthema ist die gegenseitige Anerkennung der Kirchen in "versöhnter Verschiedenheit". Gerade weil er dabei immer die ganze Christenheit im Blick hat, vertritt Frieling stolz die eigene protestantische Position: Evangelisch und ökumenisch sind die beiden Pole seines Denkens. Ökumenische Traumtänzerei ist ihm fremd. Mit katholischen und anderen Partnern in der Weltkirche verhandelte er daher auch stets auf gleicher Augenhöhe.

13. Juni 2006

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