Huber fordert wechselseitige Anerkennung als Kirche

Düsseldorf (epd). Der EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber hat seine Forderung an die römisch-katholische Kirche bekräftigt, die Protestanten als Kirche anzuerkennen. Einen Weg zur Einheit könne es nur geben, "wenn wir uns in unserer Verschiedenheit wechselseitig als Kirchen achten", sagte Huber am Montag auf einem Fach-Symposion der rheinischen Kirche zum Thema Ökumene in Düsseldorf. Es sei "nicht eben hilfreich" für einen Dialog in wechselseitigem Respekt, wenn der Begriff Kirche ausschließlich auf die eigene Definition bezogen werde und andere Formen des Kircheseins als kirchliche Gemeinschaft abgewertet würden.

"Jeder Vertreter der Automarke Mercedes-Benz würde es für respektlos halten, wenn bei VW die Formulierung etabliert würde, Mercedes-Benz sei kein 'Auto im eigentlichen Sinne'", fügte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hinzu. Die Protestanten verstünden sich ebenso wie die Katholiken "als Kirche im eigentlichen, nämlich biblischen Sinne".

Entschieden wies der Berliner Bischof Kritik von Kurienkardinal Walter Kasper am evangelischen Selbstverständnis von Kirchengemeinschaft zurück. "Ich frage mich manchmal, ob die römisch-katholische Kirche hier nicht schon einmal erreichte gemeinsame Positionen aufgibt oder beharrlich zu verschieben versucht", sagte er auf dem Symposion der rheinischen Landeskirche, an dem auch der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, teilnahm.

Huber rief Protestanten und Katholiken auf, das in der Ökumene Erreichte zu würdigen, zu bewahren und voranzuführen. Die Christen in Deutschland säßen "in einem Boot" und stünden vor annähernd gleichen Herausforderungen. Sie könnten die damit verbundenen Aufgaben "noch weit intensiver gemeinsam" angehen. Wo angesichts eines Verlustes an gesellschaftlicher Relevanz besonderes Profil gefordert sei, müssten gemeinsames Zeugnis und ökumenisches Zusammenwirken das Ziel sein. Beide Partner dürften sich ihre bleibenden Unterschiede nicht gegenseitig vorwerfen oder der Versuchung erliegen, "durch Abgrenzung und Negation des anderen das eigene Profil zu stärken".

30. Mai 2006

Der Vortrag des EKD-Ratsvorsitzenden "Was bedeutet Ökumene der Profile?" im Wortlaut


Huber und Lehmann erwarten "Ökumene der Profile" - Unterschiede sollen Kirchen nicht trennen

Düsseldorf (epd). Die beiden großen Kirchen in Deutschland werden sich nach Einschätzung ihrer Spitzenvertreter auf absehbare Zeit in den wichtigsten Streitfragen kaum näher kommen können. Sie müssten sich "auf eine Zeit der Ökumene der Profile einstellen", sagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, am Montag auf einem Ökumene-Symposion in Düsseldorf. Er mahnte ebenso wie der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, die Differenzen zu akzeptieren, Gemeinsamkeiten auszubauen und sich nicht auf Kosten des jeweils anderen zu profilieren.

Der Verlust an gesellschaftlicher Relevanz und finanzielle Einbrüche führten unvermeidlich dazu, das je eigene Profil stärker zu betonen, sagte Huber. Protestanten und Katholiken stünden dabei vor annähernd gleichen gesellschaftlichen Herausforderungen. Das Ziel müssten gemeinsames Zeugnis und ökumenisches Zusammenwirken sein. Die beiden Kirchen dürften sich Unterschiede nicht gegenseitig vorwerfen oder der Versuchung erliegen, "durch Abgrenzung und Negation des anderen das eigene Profil zu stärken". Es gebe noch immer mehr Verbindendes als Trennendes zwischen beiden Kirchen.

Der Berliner Bischof bekräftigte aber entschieden seine Forderung an die römisch-katholische Kirche, die Protestanten als Kirche und nicht nur als "kirchliche Gemeinschaft" anzuerkennen. Dieser Sprachgebrauch drücke ein Defizit aus und lasse den nötigen Respekt für das Kirchesein des ökumenischen Partners vermissen. Einen Weg zur Einheit könne es nur geben, "wenn wir uns in unserer Verschiedenheit wechselseitig als Kirchen achten", betonte Huber auf dem Fach-Symposion der rheinischen Kirche.

Lehmann warb dafür, "das Positive deutlicher herauszuarbeiten, das im Begriff kirchliche Gemeinschaft steckt". Er räumte ein, dass es im evangelisch-katholischen Verhältnis seit Jahren einen "Wandel der Grundstimmung" gebe, beide Seiten fielen manchmal hinter das Erreichte zurück. Die Suche nach einem "differenzierten Konsens" dürfe dennoch nicht aufgegeben werden. "Ökumene braucht den langen Atem", betonte der Kardinal und warnte vor einer ökumenischen "Missstimmung".

Lehmann wandte sich auch gegen überzogene Erwartungen. "Man fordert immer stärker eine wechselseitige Anerkennung, die eine sofortige Beendigung aller Trennungen verlangt", beklagte er. Es gehe aber um einen Prozess gemeinsamen Wachsens, in dem beide Seiten lernen müssten. Dabei müssten nur solche Differenzen überwunden werden, die kirchliche Gemeinschaft verhinderten. Als Beispiele nannten Huber und Lehmann das unterschiedliche Amtsverständnis, die Abendmahlsfrage und die Sexualethik.

Das Symposion zum Thema "Was bedeutet 'Ökumene der Profile?'" fand auf Einladung der Evangelischen Kirche im Rheinland statt, die Gastgeberin des 31. Deutschen Evangelischen Kirchentages vom 6. bis 10. Juni 2007 in Köln sein wird.

30. Mai 2006

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