Konfirmanden zwischen Fußball und Bibel

Nachwuchskicker von Hannover 96 haben eigene Konfirmandenstunde

Von Michael Grau (epd)

Hannover (epd). "Kennt ihr eigentlich Wunder?" Pastor Michael Wohlers blickt erwartungsvoll in die Runde seiner Jungfußballer. Sofort schnellen neun Finger in die Höhe. "Das Wunder von Bern", schallt es ihm entgegen. Und schon ist der Pastor mitten in einem Gespräch über Wunder. Wohlers unterrichtet derzeit eine äußerst ungewöhnliche Konfirmandengruppe: Neun Fußballer aus dem U13-Team von Hannover 96 treffen sich jeden vierten Samstag vier Stunden lang, um aus ihrer Sicht über Glauben und Kirche zu diskutieren. Gibt es einen "Fußball-Gott"? Und wie ist das mit der Fairness?

Die 12- und 13-jährigen Nachwuchskicker, die zum Teil in der Niedersachsen-Auswahl spielen und sich mit Jugendteams anderer Bundesliga-Vereine messen, haben längst gemerkt, dass Glaube und Fußball viel gemeinsam haben. "Viele Profis schlagen mit der Hand ein Kreuz, wenn sie ein Tor geschossen haben", hat Verteidiger Bendix beobachtet. Und die Konfirmanden wissen auch, wer das macht: "Lucio, Ze Roberto", rufen sie und zählen fast die gesamte brasilianische Nationalmannschaft auf. "Auch die Afrikaner", sagt Mittelfeld-As Helge.

Die Idee zu der sportlichen Konfirmandenstunde hatte die Mutter eines Spielers. "Ich habe mir die Frage gestellt, wie man Leistungssport mit anderen Aktivitäten vereinbaren kann", erzählt die 42-jährige Silke Gimpel. Trainingstermine standen dem Besuch des herkömmlichen Konfirmanden-Unterrichts in den Gemeinden immer wieder im Wege. Also lag es nahe, einen Sondertermin für die Evangelischen aus dem insgesamt 19-köpfigen Kader zu vereinbaren.

Pastor Wohlers und sein Mitarbeiter, der angehende Diakon André Lang, verwenden für den Unterricht so oft es geht Beispiele aus dem Fußball. So haben sie mit den Konfirmanden Fan-Hymnen besprochen, die voll mit religiösen Symbolen sind: "You'll never walk alone" vom FC Liverpool oder "Mein VfL" von VfL Bochum. "Das Einlaufen ins Stadion, die Gesänge auf der Tribüne, das sind Rituale wie in der Kirche", sagt Lang. Sieger-Teams reckten den Pokal in die Höhe wie der Pfarrer den Abendmahlskelch.

Wohlers unterrichtet zum ersten Mal eine reine Jungengruppe. Bei den Kirchenliedern singen die Fußballer kräftig mit, erzählt er anerkennend: "Wenn Mädchen dabei sind, halten sich Jungen sonst eher zurück." Er selbst war bisher kein Fußball-Fan: "Ich habe mich noch nie so intensiv mit Fußball beschäftigt wie jetzt." Er hat ein Spiel seiner Schützlinge besucht, und kürzlich haben ihm die Konfirmanden eine Freikarte für das Bundesliga-Spiel Hannover 96 gegen Bayern München geschenkt: "Wir saßen gemeinsam in der zweiten Reihe. Es war ein erhebendes Gefühl."

Der Pastor wird die Fußballer im April 2007 konfirmieren. "Die Konfirmation ist wichtig, damit man später christlich heiraten kann", findet Mittelfeldspieler Jannis. "Und weil man an Gott glaubt", ergänzt Helge. So mancher von ihnen träumt davon, der Michael Ballack der Zukunft zu werden. "Bei der WM 2014 spielen wir alle in der Nationalelf", lacht Helge. Aber er weiß, dass dafür hartes Training nötig ist: "Wir haben viel Konkurrenz. Und es gehört auch ein bisschen Glück dazu, dass man es schafft."

04. April 2006

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