Diakonie und Caritas werfen Politikern "Pflegelüge" vor

Berlin (epd). Die beiden großen kirchlichen Wohlfahrtsverbände haben den Politikern eine Täuschung der Bürger beim Thema Pflege vorgeworfen. Hier werde eine "Pflegelüge" betrieben, sagte Diakoniepräsident Jürgen Gohde dem Berliner "Tagesspiegel" (Samstagsausgabe). Von einer ausreichenden Versorgung könne keine Rede sein. Der Präsident des Caritasverbandes, Peter Neher, erklärte, mit der Pflegeversicherung seien keineswegs alle Altersrisiken abgesichert.

Beide Verbände forderten für die kommende Legislaturperiode, die seit langem notwendige Pflegereform einzuleiten. Die Parteien sollten sich von ihrer stillen Übereinkunft verabschieden, die Bürger nicht weiter belasten zu wollen. Dabei müssten sich schon heute viele Menschen auf eigene Faust Pflegekräfte besorgen, sagte Gohde. "Hätten wir nicht so viele Osteuropäer, die hier arbeiten, wäre die ambulante Versorgung in Ballungsräumen überhaupt nicht mehr gewährleistet."

Bei der Pflegereform sei "viel zu viel Zeit" verstrichen, kritisierte Neher. Regierung und Opposition hätten die Dringlichkeit der Reform zwar bejaht, seien diese aber "aus opportunistischen Gründen" nicht angegangen. Dies sei "politisch unverantwortlich". Wenn nichts geschehe, sei die Pflegeversicherung in wenigen Jahren zahlungsunfähig. "Das Aussitzen dieses Themas ist nicht nur unchristlich, es gefährdet auch die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft hochgradig", erklärte Gohde.

Die Präsidenten beider kirchlichen Wohlfahrtsverbände kritisierten auch heftig die Union. Die Aussage des CSU-Sozialexperten Wolfgang Zöller, Verbesserungen seien erst bei höheren Einnahmen der Pflegeversicherung möglich, sei nicht zu akzeptieren.

Nach den Bundestagswahlen müsse die kommende Bundesregierung klare Lösungen auf den Tisch legen, forderten die Wohlfahrtsverbände, die sich beide für den Aufbau eines privaten Kapitalstocks auch im Bereich der Pflegeversicherung aussprachen. Daneben forderte Gohde, zur Beitragsbemessung alle Einkommensarten heranzuziehen. Caritas-Chef Neher plädierte dafür, die Beitragsbemessungsgrenze von derzeit 3.525 auf 5.100 Euro zu erhöhen.

27. August 2005

 

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