EKD fordert zusätzliche Anstrengungen zur Armutsbekämpfung

Hannover/Berlin (epd). Unmittelbar vor dem G-8-Gipfel hat die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) von den Industrieländern zusätzlichen Anstrengungen zur Verringerung der weltweiten Armut gefordert. Die mit den Millenniumszielen eingegangenen Verpflichtungen müssten in die Tat umgesetzt werden, mahnte die EKD am Samstag in einer Stellungnahme. Darin wird für größere finanzielle Hilfe, umfassenden Schuldenerlass zu Gunsten der ärmsten Länder sowie für fairen Handel plädiert. Vor allem die Situation in Afrika steht bei dem G-8-Gipfeltreffen Ende nächster Woche (6.- 8. Juli) in Schottland im Mittelpunkt.

Von der Politik erwarte die EKD eine Weichenstellung zur Umsetzung der Entwicklungsziele, schreibt der Ratvorsitzende und Berliner Bischof Wolfgang Huber: «Wir halten zusätzliche neue Initiativen für notwendig, um die Finanzierung von Maßnahmen sicherzustellen, die zur Erreichung der Millenniums-Entwicklungsziele erforderlich sind.» Die EKD-Erklärung «Schritte zu einer nachhaltigen Entwicklung» wurde von der Kammer für nachhaltige Entwicklung erarbeitet, der Fachleute aus Kirche und Politik angehören.

Zur Erhöhung der Entwicklungshilfe auf 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens seien konkrete Vorgaben der Bundesregierung gefragt, so die Autoren. Sie argumentieren, die dafür erforderlichen Beträge seien geringer als die Subventionen für die deutsche Industrie. Derzeit erreicht die von Deutschland geleistete Entwicklungshilfe einen Anteil von 0,28 Prozent. Die Erfüllung der Zusagen sollte durch unabhängige Organisationen geprüft werden.

Hinsichtlich der Finanzierung zusätzlicher Entwicklungshilfe regt die EKD an, neue Geldquellen zu mobilisieren. Dazu gehört unter anderem die Besteuerung internationaler Wirtschaftsaktivitäten. Auch multinationale Unternehmen müssten dazu beitragen. Die Bundesregierung sollte auf EU-Ebene initiativ werden, um neue Finanzierungsinstrumente zu schaffen.

Weiter empfehlen die Autoren einen vollständigen Erlass der Schulden für alle 38 extrem armen Länder. Bisher wurde die Entschuldung erst für 14 Staaten eingeleitet, weitere 13 befinden sich in der Überprüfung. Zur Vermeidung neuer Überschuldung sollte verstärkt auf Zuschüsse gesetzt werden. Auch für Länder mit mittleren Einkommen sei ein Schuldenabbau zu erwägen.

In der Handelspolitik sind der EKD zufolge die Industrieländer aufgerufen, handelsverzerrende Subventionen abzubauen und den Zugang der Entwicklungsländer zu ihren Märkten zu verbessern. Bezuschusste Exporte brächten lokale Erzeuger in den Entwicklungsländern um ihre Absatzchancen. So vertieften hiesige Subventionen die Armut in Ländern des Südens. Vor allem bei den EU-Agrarsubventionen sei eine Neuausrichtung gefragt.

Ohne Gerechtigkeit und Solidarität könne es keine nachhaltige Entwicklung, ohne nachhaltige Entwicklung keine globale Zukunftssicherung geben, betont die evangelische Kirche. Solidarität und Gerechtigkeit, die derzeit häufig Gewinnstreben und Wettbewerb nachgeordnet würden, seien zentrale Elemente christlicher Ethik. Eine nennenswerte Verringerung der Zahl der Armen gegenüber 1990 sei bisher nur in China gelungen, bilanziert die EKD. In vielen Ländern nähmen die Probleme zu, immer mehr Menschen rutschten in die Verelendung.

Konkrete EKD-Empfehlungen beziehen sich auf die Armutsbekämpfung, Stärkung von Gemeinwohl und guter Regierungspraxis, Eindämmung übertragbarer Krankheiten sowie Schutz der Umwelt. Zu den Millenniums-Entwicklungszielen, auf die sich die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen vor fünf Jahren verpflichtet haben, gehört neben anderen die Halbierung der weltweiten Armut, Verringerung der Kindersterblichkeit um zwei Drittel und Grundschulbesuch für alle Kinder bis 2015. Eine UN-Sonderversammlung soll im September die Umsetzung dieser Vorgaben bilanzieren.

02. Juli 2005