Bischof Huber drückt politisch Verantwortlichen Respekt aus

Berlin (epd). Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, hat einen Tag vor der Vertrauensfrage den politisch Verantwortlichen seinen Respekt ausgesprochen. Wenn durch Reformprozesse die Unterstützung durch die Wählermehrheit in Frage gestellt sei, verdiene die Bereitschaft, sich dem Wählervotum neu zu stellen, Anerkennung und Respekt, sagte Huber seinem Manuskript zufolge am Donnerstagabend beim Johannis-Empfang der EKD in Berlin.

Zugleich trügen die politisch Handelnden dafür Verantwortung, dass die institutionellen Vertrauensgrundlagen der Demokratie bewahrt und gepflegt würden, führte der Bischof in seiner Rede unter dem Titel «Der Beruf zur Politik» aus. In der aktuellen Lage sei auf das Votum der Bürger zu achten und auf die Regelungen der Verfassung, die ein Selbstauflösungsrecht des Bundestags nicht vorsehe.

Das Vertrauen in die Institutionen der Demokratie hänge vom Vertrauen in die handelnden Personen ab, sagte Huber. Es könne aber auch dadurch wachsen, dass über die besten politischen Lösungen offen gestritten werde und die Bürger beteiligt würden. Transparenz und Beteiligung seien unerlässliche Bedingungen für das Funktionieren der Demokratie. «Dass es daran so oft fehlt, ist beunruhigend», kritisierte der Ratsvorsitzende.

Nach dem lutherischen Verständnis komme einer politischen Tätigkeit kein höherer Rang zu als anderen Aufgaben. Sie habe jedoch auch keinen geringeren Rang als jeder andere Beruf. Die Empfindungen und Sorgen jener, deren politisches Amt mit Wahlen zu Ende gehe, seien daher ernst zu nehmen.

Huber appellierte an die Politiker, einen fairen Wahlkampf zu führen. Die Art des Kampfes dürfe nicht die Ziele in Abrede stellen, um derentwillen Macht übertragen werde. Zudem rief Huber die Bürger auf, sich politisch zu engagieren. Sie sollten am politischen Prozess teilnehmen. Gerade Christen müssten sich fragen, was der Gemeinschaft diene. 20 Jahre nach Erscheinen der Demokratiedenkschrift der EKD erinnerte der Bischof daran, dass politische Verantwortung im Sinne Luthers der Beruf aller Bürger in der Demokratie sei.

30. Juni 2005