Materialismus Ursache für schwindenden Kinderwunsch

Berlin/Hamburg (epd). Bischof Wolfgang Huber hat den schwindenden Kinderwunsch der Deutschen auf ihren ausgeprägten Materialismus zurückgeführt. Im härter werdenden Konkurrenzkampf um einen Platz in der Gesellschaft trete die Frage nach Kindern in den Hintergrund, sagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) am Dienstag in einem Interview mit «Spiegel Online».

Wir hätten uns zu sehr daran gewöhnt, Zukunftsgewissheit aus materiellem Wohlstand abzuleiten, so Huber weiter. Dass es dafür auch innere Gründe brauche, sei in Vergessenheit geraten. «Der aufrechte Gang und der klare Blick messen sich nicht nur am Portemonnaie, so wichtig materielle Sicherheit ist», mahnte er.

Huber wies darauf hin, dass die Beziehungsfähigkeit sich verbessern müsse. Partnerschaften dürften nicht nur als Verabredungen oder gar als Verträge zum eigenen Nutzen angesehen werden, sondern als Lebensgemeinschaften, in denen man miteinander etwas Neues will. Hier habe auch die evangelische Kirche manches versäumt, weil sie die Verantwortung für Kinder nicht nachdrücklich genug angesprochen habe.

In Deutschland sei die Kinderlosigkeit besonders hoch, weil das Land sich durch das Wirtschaftswunder stärker in ein materialistisches Denken verstrickt habe als andere, so Huber weiter. Aus dem Satz Adenauers, dass Kinder sowieso geboren werden, sei ein «Programm der Gleichgültigkeit» geworden.

Huber rief die Wirtschaft dazu auf, junge Familien zu fördern. Erziehungspausen sollten nicht als Verlust beruflicher Kompetenz angesehen werden, sondern als Chance für einen Erfahrungsgewinn.

10. Mai 2005