Gedenken an KZ-Befreiung vor 60 Jahren

Bergen-Belsen/Oranienburg (epd). Mit Gedenkfeiern ist am Sonntag an die Befreiung der Konzentrationslager Bergen-Belsen, Ravensbrück und Sachsenhausen im April vor 60 Jahren erinnert worden. Außenminister Joschka Fischer (Grüne), Bundesfamilienministerin Renate Schmidt (SPD) und der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, riefen zur entschlossenen Bekämpfung des Rechtsextremismus auf. An den Feiern nahmen Hunderte von KZ-Überlebenden teil.

Deutschland müsse sich der bitteren Wahrheit über die eigene Geschichte und der Verantwortung für die Erinnerung immer wieder stellen, forderte Fischer bei der Feier in der Gedenkstätte Sachsenhausen bei Oranienburg (Brandenburg). Mut und Verantwortungsbewusstsein des Widerstandes gegen Hitler seien bis heute Verpflichtung, Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Antisemitismus entschieden entgegenzutreten.

Als besondere Verpflichtung der deutschen Außenpolitik nannte Fischer, das Existenzrecht Israels und die Sicherheit seiner Menschen dauerhaft als unverhandelbare Grundposition anzuerkennen. Im KZ Sachsenhausen waren unter den Nazis mehr als 200.000 Menschen interniert. Es wurde am 22./23. April 1945 befreit. Bei der Feier wurden zwei Urnen mit Asche von KZ-Opfern beigesetzt, die bei Bauarbeiten gefunden worden war.

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, mahnte, die Erinnerung an die Nazi-Barbarei und den Widerstand dagegen wachzuhalten. "In Ehrfurcht vor den Toten und Hochachtung vor den Überlebenden" trage die Gesellschaft Verantwortung dafür, die Erinnerungen an die nächsten Generationen weiterzugeben, sagte er in Sachsenhausen in einem ökumenischen Gottesdienst. In der Nähe der Gedenkstätte nahm die Polizei nach eigenen Angaben 13 Neonazis fest, die mit einem Lagerfeuer Hitlers Geburtstag am 20. April feiern wollten.

Zentralratspräsident Spiegel rief im niedersächsischen Bergen-Belsen dazu auf, in ganz Europa entschlossen gegen Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit vorzugehen. "Um Rechtsradikalismus und jede Form menschenverachtender Gesinnung nachhaltig zu bekämpfen, bedarf es mehr als sporadischer Gesten der Anteilnahme und Verurteilung", sagte er. Nötig seien steter öffentlicher Druck, "jetzt erst recht angesichts des unverfrorenen Vorgehens von Rechtsradikalen".

In Bergen-Belsen waren während des Zweiten Weltkriegs 120.000 Menschen inhaftiert. 50.000 KZ-Häftlinge und 20.000 Kriegsgefangene starben. Britische Truppen befreiten das Lager am 15. April 1945.

In der KZ-Gedenkstätte Ravensbrück (Brandenburg) bei Fürstenberg erinnerte Familienministerin Schmidt besonders an das Leid der Frauen. "Eine jede, die diese Hölle überlebt hat, verdient unsere Bewunderung", sagte Schmidt. Rassismus und Antisemitismus müssten energisch bekämpft werden. "Wir dürfen dieser Minderheit nicht einen Fuß breit Raum lassen", betonte Schmidt.

Im Frauenlager Ravensbrück waren unter den Nazis 130.000 Menschen gefangen, von denen Zehntausende ums Leben kamen. Es wurde am 30. April 1945 von der Sowjetarmee befreit.

Auch die Ministerpräsidenten von Niedersachsen und Brandenburg, Christian Wulff (CDU) und Matthias Platzeck (SPD), mahnten zur Wachsamkeit. "Aus der beschämenden Erinnerung erwächst für uns die Verantwortung für die Gegenwart und für die Zukunft", sagte Wulff in Bergen-Belsen. Platzeck rief in Ravensbrück zur offensiven Auseinandersetzung mit den Feinden der Demokratie auf.

18. April 2005