Deutsche und dänische Christen brauchen keine Grenze

Festgottesdienst zu 50 Jahre Bonn-Kopenhagener Erklärungen

Von Thomas Morell

Kiel (epd). Die politische Grenze zwischen Dänemark und Deutschland liegt seit 1920 fest. Die Kirchen dagegen haben bis heute keine Grenze: Der Schleswiger Bischof Hans Christian Knuth ist Dienstherr über sechs Gemeinden im südlichen Dänemark, die dänische Volkskirche hat zwei Dutzend Gemeinden in Schleswig-Holstein. Das bundesweit einzigartige Modell hat seine Wurzel in den Bonn-Kopenhagener Erklärungen, deren 50. Jahrestag die Kirchen am Ostermontag (28. März, 11.00 Uhr) in Flensburg feiern.

Am 29. März 1955 wurden die Erklärungen unterzeichnet, in denen Gleichbehandlung und das freie Bekenntnis zur Sprache und Kultur festgeschrieben ist. Als Däne oder Deutscher gilt danach, wer sich dazu bekennt. Rund 16.000 Deutsche leben heute im dänischen «Nordschleswig», 60.000 Dänen im deutschen «Südschleswig». Fast alle sind lutherische Christen, die als nüchterne Protestanten die Dorfkirche für unabdingbar, den sonntäglichen Kirchgang dagegen für nicht ganz so wichtig halten.

Als Hans Christian Knuth 1954 als 14-Jähriger von Hamburg nach Flensburg zog, war es für ihn anfangs «schockierend»: Man habe nicht mit dänischen Schülern gesprochen und nicht beim dänischen Schlachter gekauft, so Knuth. Die Wunden des Zweiten Weltkrieges seien noch zu frisch gewesen. Sein Vater Wilhelm Knuth hatte sich in dieser Zeit als Propst in Flensburg aktiv für die Aussöhnung eingesetzt. Strittig war etwa, ob dänische Pastoren in deutschen Kirchen auch deutsche Gottesdienste halten dürfen. Der damalige Bischof Reinhard Wester hatte dies strikt abgelehnt.

Die Rechte der Kirchen waren formal gar nicht Bestandteil der Bonn-Kopenhagener Erklärungen. Es sei aber ein «wichtiges Zeichen der Zusammenarbeit» gewesen, sagt der dänische Propst Viggo Jacobsen (Flensburg), der in Nordschleswig aufgewachsen ist. Erst 1968 schlossen beide Kirchen einen Kooperationsvertrag. Vier Stellen finanziert die Kirche seitdem der jeweils anderen Seite.

Ein wichtiges Datum der Partnerschaft ist der 24. August 1997: Da schenkte die Flensburger St. Marien-Gemeinde den Dänen die Heiliggeistkirche, die schon seit 400 Jahren von ihnen genutzt wird. Hier findet auch der Festgottesdienst mit den Bischöfen Niels Henrik Arendt (Hadersleben/Dänemark), Elisabeth Dons Christensen (Ribe/Dänemark) und Bischof Knuth statt. In einer Prozession werden sie von St. Marien zur benachbarten Heiliggeistkirche ziehen.

Das Verhältnis in der Grenzregion sei heute «vorbildlich für ganz Europa», so Bischof Knuth. So ist es etwa gute Sitte, dass jeder neue dänische Pastor zum Antrittsbesuch in die Bischofskanzlei kommt. Es gibt auch einige Christen, die Mitglied in beiden Kirchen sind.

Die «Dansk Kirke i Sydslesvig» besitzt heute 16 eigene Gotteshäuser. Weil sie aber auch deutsche Kirchen nutzen kann, gibt es zwischen Flensburg und Rendsburg an 70 Orten dänische Gottesdienste. Die deutschen Gemeinden in Nordschleswig haben dagegen keine eigenen Kirchen und feiern ihre Gottesdienste in den dänischen Kirchen.

Deutsch-dänische Gottesdienste sind etwa bei Taufen und Trauungen üblich. Ein spezielles Gesangbuch mit 140 Liedern ermöglicht sogar zweisprachigen Gesang. Die Deutschen müssten sich allerdings daran gewöhnen, so Propst Jacobsen, dass die Dänen immer alle Strophen singen. Dafür sei die Predigt dann etwas kürzer.

21. März 2005