Kirchen nennen Kinderarmut in Deutschland einen "Skandal"

Hannover/Bonn (epd). Die Kirchen haben die Kinderarmut in Deutschland als einen «Skandal» bezeichnet. Staat und Gesellschaft müssten dafür sorgen, dass Kinder als ihre wichtigste Zukunftsperspektive nicht von materieller Armut betroffen seien, erklärten der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, und der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, am Mittwoch zum zweiten Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung.

Die Armutsgefährdung von Familien mit mehreren Kindern habe sich seit dem ersten Bericht nicht nachhaltig verbessert, so die Kirchen: «Armut wird in Deutschland faktisch vererbt.» Dies widerspreche zutiefst dem christlichen Menschenbild und lasse auch ökonomisch Potenziale brach liegen. Familien- und Bildungspolitik müssten mehr als Bestandteil einer zukunftsgerichteten Sozialpolitik verstanden werden. Alle Kinder sollten nach ihren Fähigkeiten gefördert werden.

Armut habe viele Gesichter, betonen Lehmann und Huber in der in Hannover und Bonn veröffentlichten gemeinsamen Erklärung. Auch Menschen, die Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld II erhalten, könnten durchaus «arm» sein. Besonders problematisch sei die Situation derer, die von staatlicher Hilfe nicht ausreichend erreicht werden und bei denen deshalb nicht einmal das Existenzminimum gesichert sei. Psychosoziale Hilfe, die diese Menschen wirklich erreicht, müsse deshalb dringend erhalten werden. Andererseits gebe es zahlreiche Vorhaben, diese existenznotwendigen Hilfsangebote zu kürzen oder abzubauen.

Lehmann und Huber äußern sich besorgt, dass sich die Schere zwischen Reich und Arm vor allem auf Grund der gestiegenen Arbeitslosigkeit in den vergangenen Jahren weiter geöffnet habe. Eine solche Polarisierung widerspreche der christlichen Vorstellung von einer Gesellschaft in Solidarität und Gerechtigkeit. Auch könne dies zu «ernsten sozialen Gefahren» führen. Zu erinnern sei in diesem Zusammenhang an die Sozialverpflichtung des Eigentums.

02. März 2005