Schicksal einer jungen Iranerin berührt die Deutschen

Bischöfin Käßmann erhält hunderte von Hilfsangeboten für Zahra Kameli

Von Ulrike Millhahn

Hannover (epd). «Ich bin Christ und möchte nicht, dass diese Frau abgeschoben wird», schreibt ein junger Mann. Deshalb will er Zahra Kameli heiraten und ist damit kein Einzelfall. Menschen aus ganz Deutschland setzen sich dafür ein, dass die von Abschiebung bedrohte Iranerin bleiben darf. Allein bei der hannoverschen Landesbischöfin Margot Käßmann sind in den vergangenen beiden Wochen hunderte von E-Mails und Anrufe eingegangen. Was berührt die Deutschen so an diesem Einzelschicksal?

«Viele sehen in der vor kurzem zum Christentum konvertierten Frau eine Mitchristin, für die sie sich einsetzen möchten», sagt Käßmann. Neben ernst gemeinten Heiratsangeboten wollen Männer, Frauen und Familien Bürgschaften für die 24-Jährige übernehmen, für ihren Unterhalt aufkommen oder sie sogar adoptieren. Leitende Juristen bieten genauso ihre kostenlose Hilfe an wie Landwirte, Studenten, Rentner und inzwischen auch Politiker aller Parteien.

Die Freiburger Psychologin Ulrike Heckl, Beauftragte für Menschenrechtsfragen im Berufsverband Deutscher Psychologen, sieht vielerlei Gründe für das große Mitgefühl mit Zahra Kameli, die als 16-Jährige mit einem zehn Jahre älteren Mann im Iran zwangsverheiratet worden war. «Das Thema Zwangsheirat weckt zurzeit viel Solidarität mit den Frauen, die aus diesem System ausbrechen möchten», sagt sie.

Außerdem habe ein starker Unterstützerkreis, zu dem auch die evangelische Kirche gehöre, dafür gesorgt, dass die Medien kontinuierlich über den Fall berichten. Besonders das couragierte Verhalten des Piloten kann der Psychologin zufolge beispielgebend gewirkt haben. Er hatte sich vor knapp zwei Wochen geweigert, Kameli gegen ihren Willen auszufliegen.

Viele Deutsche seien inzwischen auch sehr sensibilisiert für Abschiebungen und unmenschliche Behandlungen von Asylsuchenden, so Heckl. Sie sähen Kameli als «Spielball» der Behörden. Es sei für sie unfassbar, dass man eine Frau in ein Land abschieben will, in dem ihr die Steinigung droht, weil sie sich in Deutschland von ihrem Ehemann getrennt hat. «Dies kann einen 'Beschützerinstinkt' wecken, der bei einem männlichen Betroffenen vermutlich nicht gleichermaßen auftreten würde», sagte Heckl.

Auch für Elke Stolzenberg vom Institut für Medienpädagogik in München spielt das biblische Bild der Steinigung eine große Rolle in der öffentlichen Meinung. «Hier werden buchstäblich vorsintflutliche Methoden eines islamistischen Regimes deutlich.» Manche Deutsche fühlten sich dadurch in ihrer anti-islamischen Haltung bestätigt und drückten dies ganz konkret in ihrer Solidarität für Kameli aus.

Sowohl Stolzenberg als auch Heckl sind froh, dass sich für die junge Iranerin inzwischen auf Grund der großen Anteilnahme eine politische Lösung abzeichnet. Doch sie betonen auch, dass sie kein spektakulärer Einzelfall ist: «In Deutschland leben mehr Zahra Kamelis als wir alle gern wahrhaben möchten.»

22. Februar 2005